Tierseuche:Vogelgrippe-Virus passt sich offenbar an Menschen an

Lesezeit: 2 min

Mutationen, die die WHO im Erbgut von H5N1-Viren aus der Türkei nachgewiesen hat, erhöhen möglicherweise die Infektionsgefahr durch den Erreger. Hinweise auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch gibt es aber weiterhin nicht.

Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf berichtet, haben Untersuchungen eines Speziallabors in Mill Hill, London, gezeigt, dass die Viren aus einem der türkischen Todesopfer genetische Veränderungen an der Rezeptor-Bindungstelle aufweisen.

Eine Elektronen-Mikroskop-Aufnahme der H5N1-Viren (die ringförmigen braunen Strukturen). (Foto: Foto: ddp/CDC)

Eine dieser Mutationen führt offenbar dazu, dass sich die Erreger besser an menschliche Zellen binden als an Vogelzellen.

Diese Mutation und ihre besondere Eigenschaft waren bereits bei Viren nachgewiesen worden, mit denen sich 2003 in Hongkong und 2005 in Vietnam mehrere Menschen infiziert hatten. Etliche der Patienten war damals gestorben.

Die Forscher im Mill-Hill-Labor gehen davon aus, dass auch das türkische Virus die erhöhte Bindungsfähigkeit hat. Es sei aber noch zu früh für eine Einschätzung, ob es sich dabei um eine wichtige Mutation handele.

Es könne jedoch ein Schritt des Virus sein, sich an den Menschen anzupassen, erklärte der WHO-Virologe Mike Perdue. Noch sei aber nicht klar, ob es sich nur um eine isoliere Erscheinung handele oder ob sie schon weiter verbreitet sei. "Wir müssen abwarten und sehen, wie die restlichen Viren aus der Türkei aussehen", sagte Perdue.

WHO nicht beunruhigt

Perdue sagte, die WHO sei nicht beunruhigt über die Genveränderung. Diese sei bereits 2003 bei Proben im südlichen China festgestellt worden, ohne das dies einen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit, das Verhalten des Virus' oder den Verlauf der Infektion beim Menschen gehabt habe.

"Wenn wir es in mehr als 50 Prozent der Proben fänden, würde das darauf hindeuten, dass das Virus wirklich versucht, sich an die Menschen anzupassen und das wäre problematisch", sagte der WHO-Experte.

Doch selbst wenn die Mutation in mehreren Proben aufträte, hieße das noch nicht, dass die Veränderung ausreichend groß sei, damit das Virus von Mensch zu Mensch überspringen könnte.

Sollte sich die Mutation jedoch tatsächlich durchsetzen, könnte dies immerhin eine erhöhte Infektionsgefahr für Menschen bedeuten.

Wissenschaftler befürchten, dass weitere Mutationen oder eine Vermischungen von Genen, die von Vogelgrippe-Viren und häufig bei Menschen auftretenden Influenza-Viren stammen, dazu führen könnten, dass Erreger entstehen, die von Mensch zu Mensch übertragbar sind.

Ein solches neues H5N1-Virus könnte sich erheblich schneller ausbreiten - es könnte zu einer tödlichen Pandemie kommen.

Deshalb beobachten die Fachleute die Entwicklung des Virus' sehraufmerksam, um bedeutende Veränderung so rasch als möglich zu bemerken. Zwar kann nichts gegen die Mutationen unternommen werden, doch ihr Aufspüren gilt als der beste Weg, um eine mögliche Grippe-Pandemie zu antizipieren.

Beim Ausbruch der Spanischen Grippe - ausgelöst von einem Vogelgrippe-Virus, das sich offenbar über mehrere Mutationsschritte an den Menschen angepasst hatte - waren 1918 zwischen 20 und 50 Millionen Menschen gestorben.

Insgesamt geht die WHO in der Türkei nun von 18 bestätigten H5N1-Infektionen bei Menschen aus, von denen drei Patienten, alles Mitglieder derselben Familie, gestorben sind. Weltweit geht die WHO derzeit von 147 bestätigten Fällen aus. Die Organisation behält ihre derzeitige Alarmstufe bei.

© sueddeutsche.de/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: