Stammzellforschung:Zurück im Takt

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Forscher haben Mäuse mit Hilfe embryonaler Herzzellen vor Rhythmusstörungen bewahrt - der häufigsten Todesursache nach einem Infarkt.

Christina Berndt

Große Worte werden derzeit um Stammzellen gemacht. Und große Krankheiten beim Namen genannt: Parkinson, Diabetes, Schlaganfall und Herzinfarkt sind nur einige Leiden, die eines Tages mit Hilfe von Stammzellen geheilt werden sollen. Bisher haben die wandlungsfähigen Zellen jedoch nur in der Herzinfarkt-Therapie kleinere, wenn auch verwirrende Erfolge erzielt.

Die Stammzellen (grün) wurden ins beschädigte Gewebe (dunkel) der Mäuseherzen implantiert. (Foto: Foto: Michael Simmons)

Einen weiteren Erfolg und weitere Verwirrung stiften nun Forscher um Bernd Fleischmann von der Universität Bonn. Sie haben Mäuse mit Hilfe embryonaler Herzzellen vor Rhythmusstörungen bewahrt - der häufigsten Todesursache nach einem Infarkt ( Nature, Bd. 450, S. 890, 2007). "Bisher wurde bei der Therapie mit Stammzellen nur darauf geachtet, ob sich die Pumpfunktion des kranken Herzens verbessert. Unabhängig davon kann aber auch die Neigung zu Rhythmusstörungen gesenkt werden", sagt Fleischmann. "Das ist ein wichtiger zweiter Effekt."

Nur embryonale Zellen halfen

Die Forscher haben bei Versuchstieren einen Herzinfarkt ausgelöst und manchen von ihnen dann die heilenden Zellen gespritzt. Danach versuchten sie, mit elektrischen Reizen Herzrhythmusstörungen herbeizuführen. Dies gelang bei fast allen Mäusen, die keine Zellen bekommen hatten. Dagegen hielten die Herzen der meisten Mäuse nach der Zelltherapie durch; nur bei jedem dritten Tier geriet das Herz ins Stolpern.

Soviel zum Erfolg. Nun zur Verwirrung: Erstaunlicherweise funktionierte die Therapie nur mit embryonalen Zellen. Sie stammten aus den Herzen von Maus-Embryonen. Stammzellen aus dem Knochenmark von erwachsenen Tieren halfen hingegen nicht, und Stammzellen aus dem Muskel verschlimmerten die Rhythmusstörungen sogar. "Embryonale Herzzellen bieten offenbar den besten Schutz", so Fleischmann.

Wie aber lassen sich die Erfolge erklären, die Ärzte mit erwachsenen Stammzellen hatten? Mehr als tausend Herzinfarkt-Patienten sind weltweit mit körpereigenen Stammzellen behandelt worden. Den bisher größten Erfolg hatten Andreas Zeiher und Stefanie Dimmeler von der Universität Frankfurt, die 200 Patienten Stammzellen aus dem Knochenmark spritzten oder ein Placebo. Unter den Patienten, die nur zum Schein behandelt worden waren, waren zwei Jahre nach der Behandlung viermal so viele gestorben oder hatten einen zweiten Infarkt erlitten wie nach der Stammzelltherapie. "Die Daten sehen gut aus, aber wir müssen sie in einer großen Studie absichern", sagt Zeiher. In Kürze beginnt er eine Studie mit mehreren tausend Patienten.

Welche Rolle Knochenmark-Stammzellen bei Herzinfarkt spielen, bleibt indes unklar. "Wahrscheinlich fördern die Zellen die Durchblutung und werfen körpereigene Reparaturmechanismen an", sagt Andreas Zeiher. Jedenfalls reparieren die Zellen nicht das geschädigte Gewebe, denn nur wenige von ihnen verwandeln sich in Herzmuskelzellen. Daher vebessert die Therapie kaum die Pumpleistung des Herzens, Schutz vor Rhythmusstörungen bietet sie auch nicht.

Das könnte sich angesichts der neuen Erkenntnisse jedoch bald ändern. Denn das Bonner Team konnte beweisen, was die embryonalen Zellen so besonders macht: ein Molekül namens Connexin 43. Es sorgt dafür, dass die Zellen im Herzmuskel rhythmisch kontrahieren. Erst als Genetiker die Stammzellen aus dem Muskel dazu brachten, ebenfalls Connexin 43 herzustellen, verhinderten diese Herzrhythmusstörungen ebenso gut wie die Embryozellen. Durch Connexin 43 war also ein Zelltyp entstanden, der die guten Eigenschaften von körpereigenen mit denen von embryonalen Zellen verbindet: Die genveränderten Muskelzellen sind ethisch unbedenklich, bringen kein Krebsrisiko mit sich und schützen noch dazu vor Rhythmusstörungen - bislang nur Mäuse mit einem Herzinfarkt. "Aber vielleicht", sagt Fleischmann, "kann das eines Tages auch beim Menschen klappen."

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