Software gegen Spam:Ende eines Feldzugs

Lesezeit: 1 min

Lycos hat seine Software gegen unerwünschte Spam E-mails wieder aufgegeben - sie hat zu gut funktioniert.

Von Andreas Grote

Genau betrachtet war es wohl eher Rache als Altruismus. Die Internetfirma Lycos hatte in der vergangenen Woche einen Bildschirmschoner zum Download angeboten, mit dem sich Surfer gegen Spam, also gegen unverlangte Werbe-E-Mails, wehren konnten.

Doch am Montag hat das Unternehmen seine Aktion schon wieder abgebrochen, nachdem etliche Beobachter von "Selbstjustiz" gesprochen hatten.

Offiziell hieß die Aktion "Make Love not Spam" und richtete sich gegen die mutmaßlichen Auftraggeber der Spammer, also gegen die Webseiten, auf denen die in der unverlangten E-Mail beworbenen Produkte verkauft werden.

Der Lycos-Bildschirmschoner nutzte in Arbeitspausen des Computers die Internetverbindung, um so genannte Get-Request-Anfragen zu verschicken.

Die Internetadressen entnahm das Programm aus der Datenbank der Antispam-Initiative Spamcop. Jeder Get-Request veranlasste den Server der Spam-Auftraggeber, die Homepage zu versenden, allerdings ins Leere.

Da solche Spam-Seiten relativ selten besucht werden, bedeuteten die ständigen Anfragen der Bildschirmschoner eine Menge an Mehrarbeit für die Rechner.

Sie reagierten daher langsamer, und ihre Benutzer mussten ihren Internetprovider für die erhöhte Datenübertragung ins Netz bezahlen.

Technisch funktionierte der Plan fast zu gut: die 110.000 Nutzer, die den Bildschirmschoner in den ersten Tagen heruntergeladen hatten, lasteten die Server bei einigen der einschlägigen Spammer-Seiten bis zu 95 Prozent aus.

Nach Berichten der Internet-Statistikfirma Netcraft hingegen wurden jedoch auch zwei chinesische Spammer-Server lahm gelegt. Das würde einer so genannten "distributed denial of service"-Attacke (DDoS) gleichkommen, dem illegalen Angriff auf eine Website, mit dem beispielsweise Hacker und Aktivisten ungeliebte Internetseiten lahm legen.

Lycos hingegen bestreitet, dass die chinesischen Server noch Ziel der Aktion waren, als Netcraft ihren Ausfall feststellte. Dennoch hat die Firma den Bildschirmschoner vom Netz genommen, um juristischen Streitigkeiten und etwaigen Schadenersatzansprüchen zuvorzukommen.

Und weil es gelungen sei, die Diskussion über Spam neu zu beleben, bezeichnet Lycos die Aktion auch als Erfolg.

© SZ vom 8.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: