Sexismus-Vorwurf gegen Nobelpreisträger:Nichts für alte Männer

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Tina Baier fand den Sommerurlaub an einem oberbayerischen See genauso erholsam wie Ferien auf den Kanaren. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Tim Hunt ist möglicherweise der Nobelpreis zu Kopf gestiegen. Anders sind seine sexistischen Sätze zu Frauen im Labor kaum zu erklären.

Von Tina Baier

Der Nobelpreisträger Tim Hunt, der diese Woche wegen sexistischer Äußerungen als Honorarprofessor zurücktreten musste, versteht die Welt nicht mehr. Er habe doch nur ehrlich sein wollen, brachte der 72-jährige Biochemiker zu seiner Verteidigung vor. Das kam nicht so gut an. Erst gab es einen Shitstorm im Netz, dann distanzierte sich die Royal Society von Hunt, schließlich auch seine Universität. Die Reaktionen waren so vorhersehbar wie der Aufbau einer wissenschaftlichen Veröffentlichung:

Background: Ausgerechnet auf einer Tagung von Wissenschaftsjournalisten kommt Tim Hunt ins Plaudern. "Lassen Sie mich von meinen Problemen mit Mädchen berichten", beginnt er. "Drei Dinge passieren, wenn sie im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen." Frauen und Männer sollten deshalb in getrennten Laboren forschen.

Results: Die wenigen Sätze kosteten Hunt den Job. Am Donnerstag musste der Brite als Honorarprofessor am University College London zurücktreten.

Discussion: Eigentlich hätte Hunt es besser wissen müssen. Er ist schließlich ein kluger Mann. Im Jahr 2001 bekam er zusammen mit zwei anderen Wissenschaftlern den Nobelpreis für Medizin "für ihre Entdeckungen über die Kontrolle des Zellzyklus". 2006 schlug ihn die Queen wegen seiner wissenschaftlichen Verdienste zum Ritter. Wie konnte einem hochintelligenten Forscher wie Hunt ein solcher Ausrutscher passieren?

Empirische Beobachtungen lassen vermuten, dass dem Mann der Nobelpreis und das damit verbundene Brimborium zu Kopf gestiegen sind. Statistisch betrachtet kommt das nämlich gar nicht so selten vor. Die Hypothese vom durchgeknallten Nobelpreisträger wird untermauert von Luc Montagnier, der 2008 für die Entdeckung des Aids-Erregers ausgezeichnet wurde. Danach entwickelte der Virologe eine irre Theorie nach der anderen. Zum Beispiel, dass die Erbsubstanz von Krankheitserregern elektromagnetische Wellen induziert. Allerdings nur, wenn das Erbgut so stark mit Wasser verdünnt wird, dass es eigentlich gar nicht mehr da ist.

Kary Mullis, Chemie-Nobelpreisträger von 1993, beschäftigte sich in fortgeschrittenem Alter intensiv mit der Vermarktung von Genen toter Prominenter. Unter anderem entwickelte er eine vergoldete Taschenuhr, auf deren Zifferblatt ein DNA-Schnipsel des früheren US-Präsidenten Abraham Lincoln klebte.

Feldstudien lassen zudem vermuten, dass Nobelpreisträger von Natur aus Wesen sind, denen ihr Forschungsobjekt näher steht als andere Menschen. Für diese Theorie spricht Hunts Bemerkung, die "emotionale Verknüpfung" im Labor habe das "Leben sehr schwer gemacht".

Conclusion: Es ist zu überlegen, alten Männern künftig den Zutritt zum Labor zu verweigern.

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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