Robotik & Infektionsschutz:Mücken in der Falle

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Ein automatische Insektenfalle soll Virenepidemien bekämpfen. Noch erproben Ingenieure die Einsatzbereitschaft - mit einer elektrischen Zahnbürste.

Von Christopher Schrader

Wie probiert man eine hochmoderne, vollautomatische Mückenfalle aus? In diesem Fall mit einer elektrischen Zahnbürste. Damit testen Microsoft-Ingenieure eine von ihnen entwickelte Stechtierfalle, welche die Suche nach Moskitos erleichtern und beschleunigen soll. Es geht um jene Stechtiere, die Krankheiten wie Zika, Dengue und das West-Nil-Virus übertragen. "Unsere Roboterfalle kann die Spezies der gefangenen Mücke mit 90-prozentiger Genauigkeit bestimmen", sagt Ethan Jackson von Microsoft, der das Gerät kürzlich beim Jahrestreffen der amerikanischen Wissenschaftsorganisation AAAS in Boston vorstellte. Außerdem könne das Gerät zu jedem Insekt die Uhrzeit und die Umweltbedingungen zu dem Zeitpunkt aufzeichnen, an dem es gefangen wurde. Weit mehr, als bisherige Mückenfallen können.

Das Gerät von der Größe eines Wassereimers hat acht Reihen mit jeweils acht Fallen, die individuell zuschnappen können. Wenn Sensoren vor einer der 64 Kammern einen charakteristischen Schatten eines fliegenden Insekts im Licht von Infrarotdioden erkennen, klappt der Plexiglasverschluss mit einem hörbaren Plopp zu. Um das vorzuführen, greift Jackson zur besagten Zahnbürste. Nicht deren Brummen, sondern das Schattenspiel der Borsten lässt einzelne Deckel zuschnappen.

Geplant sind Roboter, die Insekten schockgefrieren, und welche, die fliegen können

"Die Falle wird mit einer Smartphone-App bedient und aktiviert", sagt der Microsoft-Ingenieur. "Wir können sie auch darauf programmieren, nur Mücken einer bestimmten Art zu fangen. Oder auf hohe Artenvielfalt zu achten, damit wir einen Überblick bekommen." Das kann beispielsweise als Frühwarnsystem für Regionen dienen, in denen krankheitserregende Mücken gerade erst einwandern. Geplant ist außerdem ein Roboter, der die gefangenen Tiere aus den Kammern nimmt, schockgefriert und automatisch analysiert. Anhand der genetischen Information lässt sich bestimmen, ob die Mücke Menschen oder Tiere gestochen hat, und ob sie Krankheitserreger enthält. "Wir benutzen sozusagen den Moskito, um Informationen darüber zu sammeln, welche Gefahren in den Tieren der Umgebung lauern", sagt Jackson.

Getestet hat Microsoft die Fallen im Sommer 2016 im Harris County bei Houston in Texas. Die Gesundheitsbehörden dort untersuchen seit Längerem gefangene Mücken auf vier Viruserkrankungen; Zika, das ungeborene Kinder schädigen kann, ist vor Kurzem dazugekommen. Eva Lee vom Georgia Institute of Technology untersucht zurzeit die Daten von zwölf Jahren Mückensammlung, darunter auch jene aus Roboterfallen. "Sie sind noch nicht ausgereift, aber sie zeigen uns schon jetzt besser als die alten Methoden, wie die Mücken wandern", sagt die Forscherin.

Lee füttert die Resultate zusammen mit Informationen über die Bevölkerung des Landkreises in ein Modell, das besondere Schwerpunkte der Infektionen vorhersagen und Gegenmaßnahmen vorschlagen soll. Berechnungen aus Puerto Rico zeigten, so die Forscherin, dass das Versprühen von Insektengift relativ wenig hilft. Wenn sich aber nur ein Fünftel der Bevölkerung mit Bettnetzen, langer Kleidung oder Hautlotionen schützen, lasse sich die Zahl der Infektionen halbieren. Halten sich sogar 30 Prozent an die einfachen Maßnahmen zum Selbstschutz, werde die Weitergabe von Erregern durch die Moskitos fast gestoppt, so Lee.

In Zukunft will Ethan Jackson seine Fallen sogar auf Drohnen installieren. Die Flugroboter können dann erkunden, wo genau die Insekten brüten. Vorher müssen allerdings das Gewicht und der Preis der Fallen noch deutlich sinken. Bis dahin wird weiter mit elektrischen Zahnbürsten geprobt.

© SZ vom 27.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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