Pestizide:Auf dem Boden der Tatsachen

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Pflanzenschutz- und Düngemittel dienen in der Landwirtschaft vor allem dazu, mit kleinen Flächen große Erträge zu erzielen.

Silvia Liebrich

Der Handel mit Pflanzenschutzmitteln ist ein Milliardengeschäft. Im Gegensatz zu vielen anderen Segmenten der chemischen Industrie ist dieser Bereich auch in den vergangenen zwei Jahren stark gewachsen. Die weltweite Verknappung von Agrarrohstoffen und der steigende Bedarf an Lebensmitteln setzen die Landwirte unter Druck. Immer mehr Ertrag auf gleichbleibender Fläche zu erzielen, lautet die Devise.

Ein Bauer in Brandenburg besprüht sein Feld mit Pflanzenschutzmitteln. (Foto: Foto: ddp)

Ein großer Teil der Landwirte glaubt nach wie vor fest daran, dass sich dieses Ziel nur mit dem massiven Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln erreichen lässt. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, die sich für einen nachhaltigen, umweltschonenden landwirtschaftlichen Anbau einsetzen, sehen dies allerdings nicht so. Sie warnen vor einer Überbeanspruchung der Böden, die langfristig zu Ertragseinbrüchen führen könnte.

Weltweit werden nach Angaben des Industrieverbands Agrar pro Jahr Pestizide im Gesamtwert von gut 33 Milliarden Dollar verkauft, das sind umgerechnet 24,5 Milliarden Euro. Allein in Deutschland werden im Kampf gegen Käfer und lästiges Unkraut mehr als 1,23 Milliarden Euro jährlich umgesetzt. Europaweit sind es etwa sechs Milliarden Euro. Damit setzt sich Europa als größter Abnehmer noch vor die Vereinigten Staaten.

In der Branche hat in den vergangenen Jahren ein starker Konzentrationsprozess stattgefunden. Sechs große Produzenten teilen mittlerweile 80 Prozent des Markts unter sich auf. Als Nummer eins gilt der Schweizer Konzern Syngenta, dahinter liegt der US-Agrarkonzern Monsanto, der für sein besonders starkes Engagement in der Gentechnik bekannt ist. Mit Bayer Crop Science und BASF zählen auch zwei deutsche Großkonzerne zu den führenden Produzenten.

Mit der neuen EU-Pestizidverordnung steht für die Unternehmen viel Geld auf dem Spiel. Sie müssen mit dem Verbot diverser Pflanzenschutzmittel aus ihrem Sortiment rechnen. Nach Informationen aus Branchenkreisen dürften davon alle wichtigen Hersteller betroffen sein. "Darunter sind einige wichtige Produkte, die wesentlich zum Umsatz beitragen", hieß es.

Welche und wie viele Produkte genau betroffen sein könnten, dazu wollte man bei BASF und Bayer offiziell nicht Stellung nehmen - mit dem Hinweis, dass noch nicht klar sei, welche Stoffe in Zukunft nicht mehr erlaubt seien.

"Es gibt noch jede Menge offener Fragen, die zu klären sind", sagt ein Sprecher der Bayer-Tochter Bayer Crop Science, die einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro verzeichnet und mit Basta und Liberty zwei umsatzstarke Unkrautvertilgungsmittel im Programm hat. Basta etwa gilt als bedingt fortpflanzungsschädigend.

Beim Industrieverband Agrar vermutet man derzeit, dass etwa zehn Prozent der Wirkstoffe, die in der Europäischen Union zugelassen sind, unter das Verbot fallen könnten. Allein bei BASF könnten mindestens sechs Präparate mit dem Inhaltsstoff Pendimethalin unter ein mögliches Verbot fallen, darunter die Mittel Malibu oder Picona. Das zumindest macht ein Vergleich mit einer Liste zum Thema deutlich, die Schweden ausgearbeitet hat und an der sich die EU orientieren will.

Ein mögliches Verbot hätte weitreichende Folgen, denn damit wäre auch der Verkauf von eigens für den Pestizideinsatz entwickeltem Saatgut gefährdet. Die gentechnisch veränderten Pflanzen, die daraus entstehen, sind gegen das Gift resistent und liefern hohe Erträge - ein lohnendes Doppelgeschäft für die Hersteller.

© SZ vom 13.01.2009/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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