Nach Zwischenfällen in Atomkraftwerken:Gabriel: "Ausstieg aus Sicherheitsgründen notwendig"

Lesezeit: 2 min

Nach den Sicherheitspannen in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel ist die Debatte um die Sicherheit der Kernenergie erneut voll entbrannt.

"Beide Pannenreaktoren sind umgehend stillzulegen", forderte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Und nach Einschätzung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zeigen die Zwischenfälle, dass der Atomausstieg aus Sicherheitsgründen notwendig ist. "Je länger ein Kraftwerk läuft, desto höher ist die Störanfälligkeit", warnte Gabriel.

In den beiden schleswig-holsteinischen Kraftwerken hatte es am Vortag einen Brand und einen Kurzschluss gegeben. Über die Hintergründe und einen möglichen Zusammenhang gibt es nach Gabriels Angaben aber noch keine näheren Erkenntnisse.

Der energiepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Kiel, Manfred Ritzeck warnte dagegen vor "Panikmache". Gerade die Schnellabschaltungen hätten gezeigt, dass die hohen Sicherheitsstandards funktionierten. "Deshalb ist der Versuch einiger Politiker, mit diesen Ereignissen Ängste zu schüren, unverantwortlich."

Kritik am Betreiber der Atomanlagen kam von Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. "Vattenfall als Betreiber ist ein bisschen auch ein Chaos-Betreiber", sagte Künast dem Sender N24. Zusammen mit E.ON betreibe Vattenfall Brunsbüttel und Brokdorf, die ältesten Siedewasserreaktoren. "Die bringen es zusammen auf über 900 meldepflichtige Störfälle", sagte die Grünen-Politikerin und fügte hinzu: "Ich bin dankbar um jeden Tag, den das früher abgestellt wird."

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer erklärte der Hannoverschen Neuen Presse: "Die Vorfälle zeigen: Es ist unverantwortlich, an den Sicherheitsfragen achtlos vorbei zu gehen, wie es die Atomlobby gern täte". Eine Laufzeitverlängerung, wie von Unionspolitikern und Kraftwerksbetreibern angestrebt, sei politisch inakzeptabel.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Lübecker Staatsanwaltschaft gab inzwischen bekannt, dass Vorermittlungen zum Brand auf dem Gelände des Atomkraftwerks Krümmel eingeleitet wurden. Wie bei jedem Feuer mit ungeklärter Ursache werde geprüft, ob möglicherweise eine Straftat vorliege, sagte ein Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft.

Dazu müsse aber die Untersuchung des Brandortes durch Experten abgewartet werden. Gleiches gelte für einen möglichen Zusammenhang zwischen der Abschaltung des Reaktors Brunsbüttel und dem Feuer in Krümmel, sagte der Sprecher.

Banek wollte einen Zusammenhang zwischen dem vorangegangenen Kurzschluss und dem Runterfahren des Atomkraftwerks Brunsbüttel und dem Brand in Krümmel nicht mehr ausschließen. "Wenn ein großer Einspeiser wie Brunsbüttel vom Netz geht, dann kommt es zu Spannungsschwankungen."

Möglicherweise hätten diese sich auch auf das Kraftwerk in Krümmel ausgewirkt. Das werde jetzt untersucht. Durch Spannungsschwankungen waren am Donnerstag rund 800 Ampeln in Hamburg ausgefallen. Auch die U-Bahnen standen auf allen Linien kurzfristig still.

Die weiterhin große Hitzeentwicklung hinderte die Experten auch am Freitag an der Untersuchung des Brandortes in Krümmel. "Es gibt noch einen Brandherd innerhalb des Trafos, der noch mit Wasser gelöscht wird", sagte Vattenfall Europe-Sprecher Ivo Banek. "Es herrschen am Brandort noch mehrere hundert Grad Hitze". Er rechnete nicht damit, dass am Freitag mit der Suche nach den Ursachen in dem betroffenen Trafogebäude begonnen werden kann.

Der BUND forderte von dem Betreiber des Kraftwerks eine genaue Untersuchung, wie groß die Gefahr des Trafobrandes für den Reaktor selbst gewesen ist. Die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) sagte dem Radiosender NDR-Info, dass es immer aufwendiger werde, die Sicherheit in den älteren Reaktoren sicherzustellen. Das 1983 in Betrieb genommene Kraftwerk Krümmel soll noch bis 2016 am Netz bleiben. Der seit 1976 Strom produzierende Meiler in Brunsbüttel wird nach dem vereinbarten Atomausstieg 2009 abgeschaltet.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: