Metropolen in Europa:Rangliste der Weltstädte

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Stadtforscher haben erkundet, wo in Europa die wahren Metropolen liegen. Die meisten Städte mit Metropolcharakter gibt es offenbar in Deutschland.

Christopher Schrader

In Deutschland gibt es mehr Metropolen als in jedem anderen Land Europas. 17 von 125 sogenannten Metropolräumen, die eine aktuelle Studie des Bonner Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung identifiziert hat, liegen in Deutschland.

Metropolcharakter haben Wissenschaftlern zufolge auch kleinere Städte - und zwar aufgrund verschiedener Einzelaspekte: Zum Beispiel glänzt Dresden in der Kultur, Hannover wegen seiner Messe (Bild) und Hahn mit dem Frachtflughafen. (Foto: dpa)

Dazu zählen erwartbar die Millionenstädte Berlin, Hamburg und München sowie der Rhein-Main-Raum um Frankfurt und das Rhein-Ruhr-Gebiet von Bonn bis Dortmund.

Aber die Forscher erkennen auch in Städten wie Dresden, Hannover und Hahn in der Eifel einen Metropolcharakter. Während die großen Ballungsräume in vieler Hinsicht die Kriterien erfüllen, glänzen kleinere Städte in Einzelaspekten: Dresden in der Kultur, Hannover wegen seiner Messe und Hahn mit dem Frachtflughafen. Aachen und Freiburg schließlich rutschen wegen ihrer Bedeutung für die grenzüberschreitenden Metropolräume Maas-Rhein sowie Basel in die Spitzengruppe europäischer Städte.

Die Forscher des Bonner Instituts definierten für ihre Studie zunächst, was eigentlich eine Metropole ausmacht. 8480 Orte identifizierten sie zwischen Island und der Türkei sowie Portugal und Russland, deren Bedeutung über ihre unmittelbare Umgebung hinaus strahlt.

Gewertet wurden zum Beispiel wissenschaftliche Einrichtungen oder Kulturzentren wie Bayreuth, Genf als Sitz internationaler Organisationen, Oxford mit seinen Universitäten und Split als Kulturzentrum Kroatiens. Auch Internetknoten, Wissenschaftsverlage und Unternehmensberatungen sowie die Tournee-Pläne internationaler Künstler waren Faktoren für das Metropolen-Ranking.

"Viele Orte haben bedeutende Einrichtungen, richtige Metropolen müssen aber umfassende Vielfalt bieten", sagt Rupert Kawka aus dem Studienteam. Daher haben seine Kollegen und er die Wertung aus 38 einzelnen Indikatoren in fünf Kategorien zusammengefasst und addiert: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verkehr und Kultur (einschließlich Sport).

Dabei erlangten deutsche Städte etliche erste Plätze. Berlin zum Beispiel im Fach "Nationale Hauptstadt" vor London und Paris, weil Deutschland mehr Einwohner und eine höhere Wirtschaftskraft besitzt als Frankreich und Großbritannien.

München liegt bei "Unternehmerischer Innovation" ganz vorn, Frankfurt am Main hat die Gesamtkategorie "Verkehr" gewonnen und den zweiten Platz bei "Banken". Gute Werte erreichten auch Köln (Platz 5 bei "Kunst"), Hannover (Platz 3 bei "Märkten") und Hamburg (Platz 2 beim "Seeverkehr"). In der Wertung für "Sport" kam München als beste deutsche Stadt auf Rang 4 und bei "Bildung und Forschung" auf Rang 6. In der Gesamtkategorie "Wissenschaft" wurde die bayerische Hauptstadt nur von London und Paris geschlagen.

Am Ende haben die Bonner Wissenschaftler eine Rangliste erstellt. Sie wird - wie zu erwarten - angeführt von London und Paris. Danach kommen Brüssel und Moskau vor Frankfurt und Berlin. Nach Rom, Madrid und Wien folgt München auf dem zehnten Platz. Die Stadt leidet unter mangelndem internationalen Verkehr und zu geringem Einfluss auf die nationale Politik.

Im letzten Schritt haben die Studienautoren Metropolräume geschnürt. "Orte, die bis zu einer Stunde voneinander entfernt liegen, gehören dabei zusammen", erklärt Kawka. So entstand das Rhein-Ruhr-Gebiet und verschluckte Köln sowie der Rhein-Main-Raum mit dem Zentrum Frankfurt.

In den Niederlanden wurde aus Den Haag, Amsterdam, Rotterdam und vier weiteren Orten die auch dort so genannte Randstad. 21 dieser Räume erfüllten die Kriterien einer echten Metropole, so die Forscher. Davon liegen die genannten fünf in Deutschland. Italien und Spanien haben jeweils zwei solche Zentren; London und Paris sind jeweils die einzigen bedeutenden Metropolen ihrer Länder.

© SZ vom 06.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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