Luftblase:Trotz Kyoto nimmt Ausstoß von Treibhausgasen zu

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Die Vertragsunterzeichner hatten 1997 ein hehres Ziel. Bis 2012 sollten weniger Gase das Klima belasten. Doch nun steht fest: Die Emissionen der Industriestaaten steigen stetig. Dabei bleiben die Schwellenländer bei der neuen Studie noch gänzlich unberücksichtigt.

Marco Finetti

Auf der ganzen Welt wurde gefeiert, als am 16. Februar dieses Jahres das Kyoto-Protokoll in Kraft trat. In dem 1997 auf der Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen beschlossenen Vertrag verpflichten sich die Industriestaaten, bis 2012 im Schnitt 5,2 Prozent weniger Kohlendioxid und andere Klimagase in die Luft zu pusten als 1990.

Bis 2010 sollen die Ausstöße gegenüber 1990 um zehn Prozent steigen. (Foto: Foto: dpa)

Um die Ratifizierung des Protokolls war in vielen Staaten heftig gerungen worden, nun wurde es endlich völkerrechtlich verbindlich. Für Bundesumweltminister Jürgen Trittin war dies ein "wahrhaft historischer Moment", wie der Grünen-Politiker bei einer Feier im Bonner Rathaus verkündete.

Neun Monate und einen Tag später nährt eine ebenfalls in Bonn präsentierte Studie der Vereinten Nationen nun jedoch erhebliche Zweifel an der Wirkung von Kyoto und anderen internationalen Vereinbarungen wie dem UN-Klimaschutzabkommen.

Denn der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen steigt weiter deutlich an. Alleine die Industriestaaten werden 2010 voraussichtlich gut zehn Prozent mehr Klimagase freisetzen als 1990.

Dies zeigt die bislang umfangreichste Untersuchung zur weltweiten Emission von Kohlendioxid, Methan, FCKW-Ersatzstoffen und anderen Gasen, die das UN-Klimasekretariat (UNFCCC) am Donnerstag auf der Grundlage offizieller Statistiken aus 40 Industriestaaten vorstellte.

Dunkelziffer in den Schwellenländern

Nicht weniger, sondern mehr Klimabelastung - die Entwicklung geht also in die falsche Richtung. Dabei haben, wie UNFCCC-Leiter Richard Kinley erläutert, die diversen Abkommen zunächst zu "messbaren Reduzierungen" geführt.

So seien in den entwickelten Länder zwischen 1990 und 2003 insgesamt knapp sechs Prozent weniger Klimagase freigesetzt worden. Dies ist jedoch fast ausschließlich den früheren Ostblock-Staaten zu verdanken. Dort waren die Emissionen nach dem Abbau der überwiegend veralteten Industrieanlagen um fast 40 Prozent gesunken.

In den westlichen Industriestaaten stieg der Treibhausgas-Ausstoß im selben Zeitraum dagegen um beinahe 20 Prozent an, besonders stark in einigen EU-Staaten wie Spanien (plus 42 Prozent), Irland (plus 26) und Österreich (plus 17).

In den USA, die nach wie vor die meisten Treibhausgase ausstoßen, kletterten die Emissionen um 13 Prozent nach oben. In Deutschland sanken sie dagegen deutlich um 18 Prozent, womit die deutsche Selbstverpflichtung im Kyoto-Protokoll von minus 21 Prozent bis zum Jahr 2012 fast erreicht ist.

"Weitere nachhaltige und stärkere Bemühungen zur Reduzierung ihres Treibhausgas-Aufkommens", fordert das Klimaschutzsekretariat nun von den Industriestaaten. Dabei dürfte die Entwicklung hier bei allem Negativtrend sogar noch positiver sein als in den Schwellenländern.

Diese müssen ihre Emissionen nicht an die UN melden, weshalb sie in der aktuellen Studie nicht auftauchen. Klimaexperten sind sich freilich sicher, dass etwa in China und Indien der Treibhausgas-Ausstoß noch weit stärker ansteigt als in den Industriestaaten.

© SZ vom 18. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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