Krebsforschung:Vom Labor ans Krankenbett

Lesezeit: 2 min

Wie erfolgreich die Behandlung eines Krebspatienten ist, hängt oft von der Klinik ab, die ihn zuerst aufnimmt. Das soll sich ändern.

Ch. Berndt

Die Krebsforschung hat in den vergangenen Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Immer besser verstehen Wissenschaftler, was Krebs eigentlich ist. Und so können sie auch bessere Möglichkeiten entwickeln, Tumorerkrankungen zu bekämpfen. Doch bis der Erkenntnisgewinn der Forschung endlich bei den Patienten ankommt, vergehen meist Jahre oder sogar Jahrzehnte. Auch daran liegt es, dass Krebskranke in den USA mitunter bessere Überlebenschancen haben als in Deutschland.

Medizinern steht heute eine Vielzahl individueller Krebstherapien zur Verfügung. Nun soll jeder Patient davon profitieren. (Foto: Foto: AP)

Selbst innerhalb der Bundesrepublik sind die Behandlungsergebnisse mitunter höchst unterschiedlich. Eine Frau mit Brustkrebs kann in Hamburg eine völlig andere Therapie erhalten als in Wernigerode.

Ebendas will eine neue Initiative ändern, welche die Bundesforschungsministerin am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Das Nationale Konsortium für Translationale Krebsforschung soll dafür sorgen, dass "der Transfer des Wissens ans Krankenbett beschleunigt wird", sagte Annette Schavan (CDU), "schneller Wissenstransfer kann Leben retten".

In dem Konsortium, das von Bundesministerium und Deutscher Krebshilfe mit 400 Millionen Euro in zehn Jahren finanziert wird, soll das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) mit ausgewählten Universitätskliniken zusammenarbeiten. Ziel sei es, neue Therapien baldmöglichst im Rahmen von klinischen Studien an Patienten zu testen.

Nur so lasse sich schnell herausfinden, ob eine neue Behandlung erfolgreich sei oder nicht, sagt DKFZ-Chef Otmar Wiestler. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Qualität der Krebsbehandlung allein dadurch verbessert wird, dass man die Zahl der klinischen Studien erhöht." Ein weiteres Ziel ist es, die Aufsplitterung der Krebsbehandlung in verschiedene Fachdisziplinen zu vermeiden.

Abgeguckt haben sich die deutschen Krebsforscher und -ärzte das Konzept in den USA. Dort gibt es seit Jahren sogenannte Comprehensive Cancer Centers. In diesen wird jeder Patient von einem Team verschiedener Ärzte behandelt, die gemeinsam über die beste Therapie im individuellen Fall entscheiden. Über die Behandlung eines Brustkrebses etwa müssen Gynäkologen, Hämatoonkologen und Radiologen mit Nuklearmedizinern und Pathologen einen Konsens finden.

Nach dem Vorbild der US-Krebszentren arbeitet eine deutsche Einrichtung bereits seit Anfang 2005: das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg, das eng an das dortige Universitätsklinikum und das DKFZ angebunden ist. Seit 2007 fördert die Deutsche Krebshilfe zudem zehn "Onkologische Spitzenzentren" an Universitätskliniken mit je einer Million Euro pro Jahr, die ähnlichen Prinzipien folgen sollen.

"Die Zeiten, in denen die Therapieentscheidungen davon abhingen, in welcher Klinik ein Krebspatient zuerst aufgenommen wurde, gehören nun der Vergangenheit an", sagte Rolf Sauer vom Universitätskrebszentrum Erlangen, das im April in die Reihe der Spitzenzentren aufgenommen wurde.

© SZ vom 10.06.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: