Klimawandel:Der Igel betrachtet den Winter als beendet

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Viele Tiere und Pflanzen verhalten sich, als wäre es bereits Frühling. Umweltschützer warnen, dass die Natur in Deutschland aus dem Gleichgewicht zu geraten droht.

Wer die Kälte nicht mag, ist vermutlich glücklich über die hohen Temperaturen, die derzeit in Deutschland herrschen. Doch nicht jeder kann sich über den Winter, der keiner ist, freuen.

Viele Igel verlassen bereits ihre Winterquartiere. (Foto: Foto: dpa)

Wie Hubert Weiger vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) berichtet, hat das Wetter zahlreiche Tiere bereits vorzeitig herausgelockt. Viele Igel hätten bundesweit ihre Winterquartiere bereits verlassen, Frösche und andere Amphibien hätten bereits im Januar mit ihrer Wanderung begonnen

Um Wochen zu früh

Auch viele Kiebitze sind nach Angaben der Naturschützer aus dem Winterquartier zurückgekehrt, Amseln und Buchfink sängen bereits und viele Pflanzen wie Haselstrauch, Schlüsselblumen und Seidelbast öffneten erste Blüten. Im Vergleich zu Durchschnittsjahren kommt das um Wochen zu früh.

Eine Folge der Erwärmung der Atmosphäre, befürchten manche Umweltschützer. Zumindest aber gibt die derzeitige Entwicklung einen Eindruck davon, womit wir in Zukunft zu rechnen haben. Schließlich war bereits der Januar 2007 ungewöhnlich warm.

Durch Temperaturanstieg und Klimawandel, so warnt Weiger, geraten biologisch fein abgestimmte Funktionszusammenhänge etwa zwischen Blüten und Insekten als den Bestäubern aus den Fugen. Nach Expertenschätzungen werde das in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten zu einem Verlust von fünf bis 30 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten führen.

"Die Fichten leiden besonders, weil der Borkenkäfer durch den Klimawandel begünstigt wird", sagte Weiger. Die Fehler der Vergangenheit mit vielen Fichten-Monokulturen müssten deshalb korrigiert und mehr Mischwälder mit dem bewährten "Dreiklang von Fichte, Tanne, Buche" angelegt werden.

In den Eichenwäldern Frankens habe der Eichenprozessionsspinner - ein Schmetterling, dessen Raupen als Baumschädlinge gelten - lange nur ein Randdasein geführt, nun aber begünstige der Klimawandel seine Ausbreitung.

Vom Klimawandel sei der empfindliche Lebensraum der Alpen besonders betroffen, betonte Naturschutz-Expertin Christine Margraf. Der allmähliche Temperaturanstieg ermögliche es Arten, die es wärmer mögen, sich in höhere Gegenden auszubreiten - dies bedeute für die dort bisher angesiedelten Arten eine Konkurrenz um den Lebensraum.

Wenn nicht massive Anstrengungen für mehr Natur- und Klimaschutz unternommen würden, drohe die Natur weiter aus dem Gleichgewicht zu geraten, warnte Weiger.

Klimaschutz bedeute auch Landschaftsschutz, der anhaltende Landverbrauch müsse deshalb gestoppt werden. Allein in Bayern würden täglich rund 20 Hektar mit Straßen oder Häusern überbaut.

Klimazonen haben sich verschoben

Bereits in den vergangenen Jahren hat sich abgezeichnet, dass sich die Klimazonen in Deutschland bis zu 100 Kilometer nach Norden verschoben haben. Der Frühling beginnt inzwischen um bis zu einer Woche früher als noch vor 20 Jahren.

Und die Erwärmung führt nicht nur dazu, dass viele Tiere schneller aus den Winterquartieren zurückkehren. Auch die Zusammensetzung der Flora und Fauna verändert sich. Und sie wird nicht nur bereichert durch mediterrane Vögel. Auch Insekten und Spinnen wandern ein - einige giftig, andere mögliche Überträger gefährlicher Krankheiten.

Und warme Winter, so befürchtet man in der Landwirtschaft, könnten dazu führen, dass Schädlinge wie Mäuse und Schnecken in größerer Zahl auftreten

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