Klimakonferenz in Bali:Feilschen um jedes Wort

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Auf der indonesischen Insel Bali hat die Internationale Klima-Konferenz begonnen, die den Weg für ein neues Klimaabkommen bereiten soll. Ein Erfolg ist nicht sicher.

Michael Bauchmüller

Nusa Dua wird eine andere Welt sein, zwei Wochen lang. Zwei Wochen lang werden von diesem Montag an die Klimapolitiker das Retortendorf im Süden Balis bevölkern, 10.000 in Spitzenzeiten.

Nicht das Klima schützt dieser Sicherheitsbeamte, sondern die Teilnehmer der Klimakonferenz in Bali. (Foto: Foto: AFP)

Wo sich sonst Touristen vergnügen, werden sich Klimadiplomaten in ihren seltsamen Vokabeln und Abkürzungen austauschen; in schwüler Luft werden sie um Worte feilschen, deren Bedeutung nur sie selbst verstehen. Und vor allem: Sie werden entscheiden über die Zukunft des internationalen Klimaschutzes.

Der Erfolg wird am Ende aus wenigen Worten bestehen, vielleicht nur aus einem Satz. Darin würden sich die Staaten verabreden, Verhandlungen für ein neues Klimaabkommen aufzunehmen, womöglich mit einer Frist bis 2009, im Idealfall sogar schon mit Vorgaben, wie das neue Abkommen aussehen soll. Wenn Bali nicht scheitert.

Es wird eine schwierige Aufgabe für Rachmat Witolear. Der 66-jährige Architekt, als Umweltminister Indonesiens Gastgeber der Konferenz, wird die Verhandlungen leiten. Er muss Formulierungen finden, die möglichst hohe Ziele vorgeben.

Gleichzeitig dürfen sie nicht so hoch sein, dass Schlüsselstaaten wie die USA, China oder Indien nicht mitmachen. Von Witolears Geschick wird abhängen, welchen Weg der Klimaschutz nimmt - und ob er besser wird als mit dem bisherigen Kyoto-Abkommen.

Zehn Jahre ist es her, dass die Umweltminister in Kyoto ein globales Abkommen verabredeten. Die Industriestaaten verpflichteten sich, ihre Emissionen im Schnitt um 5,2 Prozent zu senken, die EU versprach acht Prozent - einzulösen bis 2012. Dann läuft das Kyoto-Protokoll aus.

Kyoto war das erste Mal, dass sich die Welt feste Ziele für den Klimaschutz verordnete. Doch das Abkommen hatte Makel. Schon seinerzeit war klar, dass fünf Prozent minus in Industriestaaten das Klima kaum retten. Erst recht nicht, wenn Länder wie China grenzenlos boomen. Zum anderen kehrte der größte CO2 -Verschmutzer, die USA, dem Abkommen den Rücken, Australien folgte.

Ehrgeizige Ziele

Das soll sich nicht wiederholen. Pünktlich zum 1. Januar 2013 soll ein neues Abkommen in Kraft treten, es soll weit ehrgeizigere Ziele enthalten, es soll die USA ebenso einbinden wie die großen Schwellenländer. Selten stand eine Klimakonferenz unter solchem Erfolgsdruck, selten war der Druck der Öffentlichkeit, die Last der Erkenntnis so groß wie diesmal.

Denn seit die Klimakonferenz in Nairobi vor einem Jahr nahezu ohne Ergebnis auseinanderging, hat sich viel getan. Eine Serie von Berichten des internationalen Wissenschaftler-Gremiums IPCC hat alle Klimasorgen bestätigt.

Die EU hat sich verpflichtet, bis 2020 ein Fünftel weniger zu emittieren als noch 1990 - und zwar bedingungslos. Auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm haben sogar die USA zugestimmt, innerhalb der Vereinten Nationen ein neues Abkommen auszuhandeln.

Und bei einer Sonderkonferenz der UN im September in New York unterstrichen mehr als 70 Staats- und Regierungschefs, dass sie in Bali einen Erfolg sehen möchten. "Dieses Treffen hat uns in eine neue Ära getragen", jubelte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nach der Zusammenkunft. "Die Nationen sind bereit, Bali zu einem Erfolg zu machen."

Nur definiert auf Bali jeder den Erfolg anders. Die USA wollen zwar neuerdings auch ein Klimaabkommen, aber ohne fixe Minderungsziele für Treibhausgase. Lieber würden sie das Klima auf ihre Weise schützen, mit Vorgaben für einzelne Bereiche, für Öko-Energien, für Energieeffizienz. Wirkung: leider ungewiss. Große Schwellenländer wie China und Indien bekennen sich zunehmend zu ihrer Mitverantwortung für den Klimaschutz, wollen aber erst einmal ernsthafte Schritte der Industrieländer sehen.

Nur: Ganz ohne ihre Beteiligung wird es kein neues Abkommen geben. Einzig die Europäer preschen derzeit vor. Sie wollen feste Minderungsziele, weil sie auf weiche nicht vertrauen - und weil andernfalls ihr wirkungsvollstes Instrument, der Handel mit 2-Emissionsrechten, zusammenbräche. Die Lage ist diffus: Die Europäer definieren das Ziel, die Amerikaner den Weg. Und Chinesen und Inder wissen vor allem, was sie nicht wollen. Nur eins ist sicher: Die Sache drängt.

Hoffnungslos ist das Unterfangen am Indischen Ozean trotzdem nicht, dafür sorgt der Klimawandel schon selbst. Nie zuvor mussten sich die Staaten so sehr damit beschäftigen, wie sie mit seinen Folgen und Kosten zurecht kommen. Dazu dürfte auch Gastgeber Witolear einiges zu sagen haben. Auf 24 Eilande seines paradiesischen Inselreiches musste Indonesien schon verzichten. Sie sind weggeschwemmt.

© SZ vom 3.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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