Kampf gegen Umweltschadstoffe:Erfolgsstory FCKW

Lesezeit: 2 min

Nicht gut für das Klima: Treibgas FCKW. (Foto: Foto: iStock)

Am Beispiel der Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe kann man sehen, dass die Menschheit auf große Umweltprobleme reagieren kann - wenn sie nur will.

Als Thomas Midgley 1930 ein farb- und geruchsloses Gas einatmete, um die Gefahrlosigkeit der als Kühl- und Treibmittel gedachten Substanz zu demonstrieren, war der General-Motors-Forscher vermutlich tatsächlich davon überzeugt.

Im Gegensatz zur Vorstellung seiner zweiten Erfindung - Blei als Additiv für Autobenzin - dürfte ihm diesmal wirklich nicht bewusst gewesen sein, dass er mit den Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffen (FCKW) erneut ein gefährliches Umweltgift entwickelt hatte.

Die FCKW schienen tatsächlich eine makellose Erfolgsstory darzustellen. Die Gase wurden eingesetzt als Kältemittel in Kühlschränken und Klimaanlagen, als Treibgas in Sprühdosen, zur Herstellung von Schaumstoffen, als Lösungsmittel, in Feuerlöschern. Die Herstellung stieg von 1960 bis 1990 etwa um das Achtfache.

Was Midgley 1974 - dreißig Jahre nach seinem Tod - gesagt hätte, als plötzlich Kritik an seiner zweiten großen Entdeckung geübt wurde?

In diesem Jahr warnten die US-Wissenschaftler Mario Molina und Frank Rowland in einem Nature-Artikel erstmals vor der Gefahr für die Ozonschicht, die von Midgleys Gas ausging.

Doch erst nach der Entdeckung des Ozonlochs 1985 wurde ihre Warnung auch ernst genommen.

Immerhin zwei Jahre später einigten sich etliche Staaten im "Protokoll von Montreal" darauf, Herstellung und Nutzung von FCKW einzuschränken. Zwei Jahre später trat das Abkommen in Kraft trat.

Und 1990 wurde auf der Konferenz zum Schutz der Ozonschicht in London beschlossen, Produktion und Verwendung ab dem Jahr 2000 zu verbieten oder wenigstens erheblich einzuschränken.

Und wie niederländische Forscher jetzt in den Proceedings der US-Akademie der Wissenschaften ( PNAS; online vorab veröffentlicht) berichten, ist der Ausstoß in den letzten zwei Jahrzehnten auch erheblich reduziert worden: Mittlerweile hat er den Stand von 1960 wieder unterschritten.

Erderwärmung gebremst

Und nicht nur die Ozonschicht wird davon profitieren. Auch die globale Erwärmung haben die Maßnahmen gebremst. Denn die ozonschädigenden Stoffe sind meist auch als Treibhausgase wirksam.

Die Klimaerwärmung hätte sich nach Ansicht der Forscher schneller entwickelt, wäre der FCKW-Verbrauch nicht eingeschränkt worden.

Je nach Rechenmodell kommen die Wissenschaftler hier auf einen "Aufschub" von bis zu 45 Jahren.

Das Montreal-Protokoll habe sich damit stärker auf das Abbremsen der Klimaerwärmung ausgewirkt als es für die Reduzierung anderer Treibhausgase im Kyoto-Protokoll von 1997 geplant sei.

Damit wird die Geschichte der FCKW auch zu einer Erfolgsstory für den Umweltschutz - wenn auch zu einer, mit langer Verzögerung.

Denn man darf nicht vergessen, dass auch die Maßnahmen, die inzwischen greifen, nur extrem langsam wirken.

So erreichte das Ozonloch über dem Südpol letztes Jahr den bisherigen Rekordwert von 27,45 Millionen Quadratkilometern - das ist größer als die gesamte Fläche von Nordamerika.

Und Nasa-Experten schätzen, dass es noch etwa 60 Jahre dauern wird, bis die Schicht, die uns vor schädlichen UV-Strahlen schützt, sich wieder vollständig erholt hat. Hätte man bereits 1974 auf Molina und Rowland gehört, wäre es vermutlich schon weit früher soweit.

Auch müsse durch wissenschaftliche und technische Entwicklungen erreicht werden, dass die gegenwärtig verwendeten FCKW-Ersatzstoffe noch umweltverträglicher werden, fordern die niederländischen Wissenschaftler in den Proceedings.

Thomas Midgley, der als Entwickler des verbleiten Benzins und der FCKW riesige Umweltschäden ausgelöst hat, ist eine weitere Erfindung übrigens selbst zum tödlichen Verhängnis geworden.

Mit 51 Jahren an Polio erkrankt baute er sich ein Spezialbett mit Seilzügen, die ihm ermöglichen sollten, sich hinzusetzen und umzudrehen. 1944 erstickte der 55jährige, nachdem er sich in den Strippen seines Bettes verheddert hatte.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: