Intelligenz:Muttermilch macht schlau - aber nicht jeden

Gestillte Kinder entwickeln im Schnitt einen höheren IQ als ungestillte. Warum das jedoch bei manchen nicht funktioniert, haben britische Forscher nun herausgefunden.

Marlies Michaelis

Kinder, die mit Muttermilch gestillt werden, haben einen höheren IQ als jene, denen nicht die Brust gegeben wurde - das war schon länger bekannt. Doch bisher war unklar, warum dieses nahrhafte Getränk bei den meisten Kindern so positiv anschlägt.

Terrie Moffit vom Londoner Kings College und ihre Kollegen fanden nun heraus, dass bei den meisten Babys eine bestimmte Genvariante hilft, Fettsäuren der Milch besonders effektiv für die Entwicklung des jungen Gehirns einzusetzen. Das berichten die Forscher im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (online).

Die Wissenschaftler befragten zwei unterschiedliche Gruppen - 1000 Neuseeländer und 2200 Briten - ob sie als Kind gestillt worden waren. Ferner untersuchten Moffitt und ihre Kollegen ein bestimmtes Gen der Studienteilnehmer und maßen ihren IQ.

Das untersuchte Gen ist wichtig für die Weiterverarbeitung der Fettsäuren. Die Auswertung ergab, dass bei den Untersuchten, die eine weit verbreitete Variante des Gens besaßen - es heißt FADS2 - die Brustmilch-Fütterung zu einem signifikant höheren IQ geführt hatte.

Dieses Ergebnis war unabhängig von der Intelligenz oder der sozialen Herkunft der Eltern. Nur bei den zehn Prozent der Studienteilnehmer mit einer anderen Variante des entsprechenden Gens stellten die Forscher keinen Zusammenhang zwischen IQ und Brustfütterung fest.

An früheren Studien über Brustfütterung und den IQ sei kritisiert worden, so Moffitt, dass sie den sozioökonomischen Status, die Intelligenz der Mutter oder andere Faktoren nicht berücksichtigt hätten.

"Aber unsere Ergebnisse werfen ein neues Licht auf diese Fragen und zeigen, dass es einen physiologischen Ablauf gibt, der den Unterschied erklärt", sagte die britische Forscherin.

Zudem betonen die Autoren, ihre Studie zeige auch, wie Gene und ein bestimmtes Verhalten zusammenwirken: Das Stillen führt über die Wirkung des Gens zu einem höheren IQ.

Diese Sichtweise fordern sie auch für andere Forschungen ein: "Sobald genetische Voraussetzungen für Depressionen, Gewalt, Schizophrenie oder Intelligenz untersucht werden, vergisst man oft den maßgeblichen Einfluss der jeweiligen Umgebung."

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