Hirnforschung:Umleitung für Gedanken

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Mit Hilfe einer künstlichen Nervenbahn zwischen Gehirn und Hand lassen Neurologen einen vorübergehend gelähmten Affen am Computer spielen.

Hanno Charisius

Mit einem künstlichen Nervensystem haben Neurologen Signale aus dem Gehirn eines vorübergehend gelähmten Affen auf seine Hand übertragen. Die Forscher aus Seattle hatten haarfeine Elektroden implantiert, um die Bewegungssignale aus dem Gehirn an einen Computer zu senden.

Bei dem Versuchstier handelte es sich um einen Schweinsaffen. (Foto: Foto: Stauss, Verwendung gemäß GNU Lizenz für freie Dokumentation)

Die verstärkten Reize wurden zu den Muskeln des Handgelenks übertragen. Bereits der Impuls einer einzigen Nervenzelle genügte, um dort eine Bewegung auszulösen ( Nature, online). Künstliche Nervenbahnen sollen einmal auch gelähmten Menschen wieder zu Beweglichkeit und Kontrolle ihrer Muskeln verhelfen, hoffen die Forscher.

Mit einem Narkosemittel legten sie die natürlichen Nervenbahnen der Versuchstiere bis zu eine Stunde lang still. Dennoch sollten die Affen ein simples Computerspiel spielen, für dessen Steuerung sie ihre Hand nur leicht bewegen mussten.

"Jahre von einer Anwendung beim Menschen entfernt"

Die Steuersignale für die Handmuskeln kamen dabei aus dem motorischen Zentrum ihres Gehirns, in das die Forscher für die Versuche Elektroden eingepflanzt hatten. Ein Computer zeichnete die Nervenimpulse auf und leitete sie an die Muskeln weiter, die sich wie geplant bewegten. Der Affe bekam dann eine Belohnung für den Erfolg beim Spiel.

Es handele sich bei ihrem Experiment um eine grundlegende Machbarkeitsstudie, sagt Chet Moritz von der University of Washington. "Wir sind Jahre von einer Anwendung beim Menschen entfernt."

Vor kurzem hatten andere Forscher gezeigt, wie ein Affe mit einer weitaus komplizierteren Elektrodenkonstruktion im Gehirn einen Roboterarm so verblüffend geschmeidig bewegen konnte als wäre es sein eigener. Von solcher Beweglichkeit einer eigenen gelähmten Gliedmaße können Moritz und seine Kollegen nur träumen.

Ihre Versuche waren durch die begrenzte Wirkung des Narkosemittels eingeschränkt, sagt Eberhard Fetz, der die Untersuchung geleitet hat. Er hofft jedoch, dass es bei längeren Versuchszeiten auch möglich werde, dem Affen über mehrere künstliche Nervenbahnen die Kontrolle über mehrere Muskelgruppen zurück zu geben, und ihm so kontrollierte Bewegungen zu ermöglichen.

Eines Tages sollen auch gelähmte Beine wieder Schritte machen, hofft Moritz. Er hält es für möglich, dass ein vom Gehirn gesteuerter Computer die komplizierten elektrischen Bewegungsmuster in die Nervenbahnen von Gelähmten jagt. Schon heute sei es möglich, gelähmte Gliedmaße durch elektrische Reize von außen zu bewegen - die Kontrolle durch das Gehirn steht noch aus.

© SZ vom 16.10.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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