Geschlechter:Vorteil Frau

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Von wegen Diskriminierung: In Männer-dominierten Fächern wie Physik scheint es in Frankreich in Prüfungen sogar einen Frauen-Bonus zu geben. Ganz anders sieht es dagegen etwa bei den Fremdsprachen aus, wo Männer in der Minderheit sind.

Von Marlene Weiß

Es gibt viele mögliche Gründe, warum etwa Physik- oder Elektrotechnik-Dozentinnen noch immer eine seltene Spezies sind. Einer davon könnte direkte, banale Diskriminierung sein. Zumindest auf einem Gebiet kann das nun wohl ausgeschlossen werden: Bei der Rekrutierung von Lehrern und Dozenten in Frankreich könnten sich in Naturwissenschaften offenbar eher die Männer über Diskriminierung beschweren - während Frauen ausgerechnet in traditionell weiblich dominierten Fächern benachteiligt sind.

Thomas Bréda und Mélina Hillion von der École d'économie de Paris, an der unter anderem die prestigeträchtige Hochschule ENS beteiligt ist, haben eine einzigartige Datenbasis analysiert: Die zentralisierten Examen, auf deren Basis in Frankreich Lehrerstellen an Grundschulen, Gymnasien, Vorbereitungsklassen für Elite-Unis und zum Teil auch Universitäten vergeben werden ( Science). Etwa 100 000 Männer und Frauen unterzogen sich von 2006 bis 2013 diesen Prüfungen in elf Fächern. Sie umfassen einen schriftlichen Teil, der anonymisiert ausgewertet wird; der Prüfer erfährt nicht, ob er die Arbeit eines Mannes oder die einer Frau bewertet. Beim mündlichen Teil ist das natürlich nicht möglich. Systematische Unterschiede zwischen beiden Ergebnissen können darum auf Voreingenommenheit der Prüfer hindeuten.

Tatsächlich fanden Bréda und Hillion solche Unterschiede, und sie folgten einem erstaunlichen Muster: Je niedriger der Frauenanteil in einem Fach war, desto stärker verbesserten die Frauen ihr Ergebnis durch die mündliche Prüfung. In der Physik etwa, wo nur rund 30 Prozent der Kandidaten für die Prüfung auf dem höchsten Niveau weiblich waren, schnitten Frauen im schriftlichen Teil schlechter ab als Männer, im mündlichen Teil kehrte sich das um, sodass Frauen insgesamt bessere Erfolgschancen hatten. Bei Fremdsprachen hingegen - Bewerberinnen-Anteil 80 Prozent - war es andersherum: In der mündlichen Prüfung gab es offenbar einen leichten Männer-Bonus.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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