Gefährliche Reflektionen:Irrlichter der Großstadt

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Hochhausfassaden, Plastikfolien oder auch Straßen reflektieren polarisiertes Licht. So können sie für Tiere zur tödlichen Falle werden.

Eva Maria Marquart

Große, glitzernde Flächen wie Hochhausfassaden, Plastikfolien oder auch Straßen können für Tiere zur tödlichen Falle werden. Ähnlich wie eine Wasserfläche reflektieren sie polarisiertes Licht und verwirren damit viele Lebewesen. Diese glauben, eine Futterquelle oder einen Eiablageplatz entdeckt zu haben ( Frontiers in Ecology and the Environment, online).

Ähnlich wie eine Wasserfläche reflektieren Hochfassaden polarisiertes Licht. (Foto: Foto: dpa)

Polarisiertes Licht, dessen Wellen überwiegend gleich ausgerichtet sind, entsteht, wenn Sonnenlicht von einer spiegelnden Fläche reflektiert wird. Viele Vögel, Reptilien und Insekten haben die Fähigkeit, die gleichgerichteten Lichtwellen wahrzunehmen und sich daran zu orientieren.

In besiedelten Gebieten wird den Tieren diese Fähigkeit jedoch immer häufiger zum Verhängnis.

Polarisiertes Licht entsteht durch Spiegelung des Sonnenlichts an Glasfassaden, Autos oder Plastikfolien. Der Reiz ist oft um ein Vielfaches stärker als in der Natur, sodass sich die Tiere von den spiegelnden Flächen nicht losreißen können, selbst wenn sie sich dadurch in Gefahr begeben.

"Wenn der Reiz unnatürlich stark ist, reagieren viele Tiere auch unnatürlich stark", sagt Bruce Robertson, der an der Untersuchung beteiligt war. So kommt es, dass etwa Libellen ihre Eier fälschlicherweise an unwirtlichen Orten, wie Straßen oder Ölpfützen ablegen und dabei sterben. Folgen ihnen ihre Räuber, zum Beispiel Vögel, geraten auch sie in die lebensfeindliche Umgebung - etwa eine dunkel schimmernde Teergrube, in die dann auch sie einsinken.

"Insekten sind die Grundlage unserer Nahrungskette und was ihnen schadet, schadet dem gesamten Ökosystem", sagt Robertson. Wenn große Teile eines Tierbestands in einer solchen ökologischen Fallen verenden, könne das im Extremfall sogar zum Aussterben einer ganzen Art führen.

Auch für Wassertiere gefährlich

Die "polarized light pollution", die Umweltverschmutzung durch polarisiertes Licht, ist nicht nur für Landbewohner ein Problem, sondern auch für Wassertiere. Meeresschildkröten zum Beispiel fressen oft irrtümlich Plastiktüten, die im Wasser schwimmen und sterben an der unverdaulichen Beute. Plastikmüll hat ähnliche Polarisierungseigenschaften wie der Zooplankton, winzige, durchsichtigen Lebewesen, von denen sich die Tiere ernähren.

Die schlimmsten Quellen von Lichtverschmutzung könnten nach Meinung der Forscher ganz einfach ausgeschaltet werden: So würden weiße Markierungen auf Straßen oder weiße Vorhänge an Fenstern Insekten, Fledermäuse und Vögel warnen. Andererseits könnte man das Phänomen auch zur Schädlingsbekämpfung nutzen. Robertson denkt dabei an Insektenfallen, die polarisiertes Licht abgeben. Sie könnten beispielsweise Schädlinge wie den Borkenkäfer anlocken und so zum Schutz des Waldes beitragen.

© SZ vom 20.01.2009/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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