Frühmenschen:Die Neandertaler kamen bis Sibirien

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Bislang wusste man, dass unser stämmiger Verwandter zwischen Spanien und Usbekistan gelebt hatte. Doch ein DNA-Vergleich zeigt, dass sein Lebensraum erheblich größer war.

Die Neandertaler sind offenbar viel weiter Richtung Osten vorgedrungen als bisher angenommen:

Die prähistorischen Menschen lebten auch in Sibirien, wie aus einer Studie des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie hervorgeht, die vom Wissenschaftsmagazin Nature am Sonntag online veröffentlicht wurde.

Bisher waren die Überreste der vor etwa 28.000 Jahren ausgestorbenen Hominiden nur im Raum zwischen Spanien und Usbekistan gefunden worden.

Die aktuellen Forschungsergebnisse erweitern das Verbreitungsgebiet des kleinen und stämmigen Neandertalers um rund 2000 Kilometer nach Osten. Der bislang östlichste Fund waren Knochenreste eines acht- bis zehnjährigen Jungen, die 1938 in Teschiktasch an der usbekischen Grenze zu Kirgistan entdeckt wurden.

Die neuen Erkenntnisse über den Lebensraum der Neandertaler entstammen keinen neuen Knochenfunden, sondern sind das Resultat neuer Untersuchungsmethoden.

Der Leipziger Anthropologe Svante Pääbo und seine Kollegen verglichen DNA-Proben von Knochen aus den Altai Bergen im Süden Sibiriens mit DNA-Proben aus Europa. Dafür entnahmen sie nur winzige Stücke (rund 0,2 Gramm schwer) aus den kostbaren Fossilien, um sie nicht zu beschädigen. Sie untersuchten so genannte mitochondriale DNA-Erbinformationen aus jenen Zellteilen, die für die Energieversorgung zuständig sind.

Ende eines Wissenschaftler-Streits

Wissenschaftler waren sich lange Zeit uneinig, ob die entdeckten Überreste aus Zentralasien und Sibirien zu den Neandertalern oder zum modernen Menschen gehörten. Pääbos Veröffentlichung beendet diese Diskussionen nun.

In seiner Studie bestätigt er, dass das Erbgut der rund 40.000 Jahre alten Fossilien aus der sibirischen Okladnikow-Höhle mit der des europäischen Neandertalers weitgehend übereinstimmt. Es gebe keine großen Abweichungen, was beweise, dass der europäische Neandertaler und seine Verwandten in Sibirien nicht lange Zeit voneinander getrennt gelebt hätten.

Mit seinen Erkenntnissen bestätigt Pääbo die Theorie, dass die Neandertaler in einer Wärmeperiode vor rund 125.000 Jahren die russische Ebene besiedelten. Er stellt sogar die Vermutung auf, dass sie noch weiter östlich, bis nach China und in die Mongolei vorgedrungen sind, bevor sie vor rund 28.000 Jahren aus bisher ungeklärten Gründen ausstarben.

Einige Wissenschaftler vermuten, der Neandertaler sei einem plötzlichen Kälteeinbruch zum Opfer gefallen. Jüngere Studien gehen davon aus, dass der moderne Mensch seinen Verwandten ausgerottet hat.

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