Französisches Atomkraftwerk:Neue Panne in Tricastin

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In der Atomanlage musste nach einem erneuten Zwischenfall ein Reaktor abgeschaltet werden. Das Reaktorgebäude wurde vorsorglich geräumt.

Die Serie von Zwischenfällen in der südfranzösischen Atomanlage Tricastin reißt nicht ab: Der Stromkonzern Eléctricité de France (EDF) musste einen dortigen Reaktor den zweiten Tag in Folge abgeschaltet lassen, nachdem sich beim Austausch von Brennstäben zwei verbrauchte Brennstoffelemente verkanntet haben und sich nicht entfernen lassen.

Der Stromkonzern EDF musste einen Reaktor in Tricastin abgeschalten. (Foto: Foto: AFP)

Das Reaktorgebäude sei vorsorglich geräumt worden, teilte die französische Atomaufsicht ASN am Dienstag mit. Es sei keine Radioaktivität in die Umwelt gelangt, und die Mitarbeiter seien nicht verstrahlt worden. Das staatliche Institut für Strahlenschutz IRSN schloss dagegen nicht aus, dass Strahlung in die Umwelt gelangen könnte, allerdings nur in sehr geringen Mengen.

Das Unternehmen EDF hat der französichen Atomaufsicht vorgeschlagen, den Vorfall auf Stufe eins der Störfallskala von null bis sieben einzuordnen.

Mitarbeiter suchten am Dienstag weiter "nach der besten Strategie", um die Brennstäbebelälter im Reaktorbottich zu bergen, wie EDF auf Anfrage mitteilte. "Wir wissen nicht, wieviel Zeit das in Anspruch nehmen wird."

Ein ähnlicher Zwischenfall hatte sich bereits 1999 in der Atomanlage von Nogent-sur-Seine im Osten von Paris ereignet. Die Arbeiten zum Herauslösen der feststeckenden Brennstoffelemente hatten 20 Tage gedauert.

Die Atomaufsicht ASN erklärte am Montagabend, in dem Reaktor gebe es 157 Brennstoffbehälter, die jeweils 264 Brennstäbe enthielten. Beim Austausch hätten sich zwei Brennstoffbehälter verkeilt. Sie befänden sich in dem Bottich unter Wasser.

Laut ISRN wurden die Brennelementebehälter vor der Panne zu zwei Dritteln aus dem Reaktorkern gezogen. Jetzt bestehe theoretisch die Gefahr, dass sich die Behälter lösten und nach unten auf den Reaktorkern fielen. Dabei könne die Freisetzung von strahlendem Material in das umgebende Wasser und darüber in die Atmosphäre des Reaktorgebäudes drohen.

Außerhalb der Anlage werde die Strahlung aber auch in diesem Fall voraussichtlich so gering bleiben, dass ein besonderer Schutz von Bevölkerung und Umwelt nicht nötig sei.

Es handelt sich bereits um den vierten Zwischenfall im Atomindustriekomplex Tricastin binnen zwei Monaten. Unter anderem war Mitte Juli aus undichten Überlaufbecken uranhaltige Flüssigkeit ausgelaufen und in die Umwelt gelangt.

Tricastin ist nach Angaben der Betreiber die größte Atomanlage der Welt und erstreckt sich über 600 Hektar. Für den staatlichen Atomkonzern Areva und den Stromversorger EDF sowie ihre Tochterfirmen und Partner arbeiten rund sechstausend Menschen in Tricastin. Zur Anlage gehört auch ein Werk für radioaktive Brennelemente.

© AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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