EU-Klimaschutz:"Ohrfeige aus Brüssel"

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Erst vergangene Woche hatte Bundesumweltminister Gabriel die Obergrenze des Kohlendioxid-Ausstoßes für Deutschland verkündet. Doch die EU-Kommission fordert eine stärkere Reduzierung.

Die EU-Kommission hat auch die verschärften Klimaschutzziele der Bundesregierung als unzureichend abgelehnt. Sie verlangt, den Ausstoß von Kohlendioxid im Zeitraum 2008 bis 2012 noch stärker zu senken als von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel in der vergangenen Woche angekündigt.

Gabriel reagierte verärgert. Wirtschaftsminister Michael Glos lehnte die Entscheidung glatt ab.

Die Linksfraktion sprach von einer "Ohrfeige aus Brüssel", Grünen-Fraktionschefin Renate Künast von einem "blauen Brief" der Kommission.

Deutschland dürfe im Rahmen des EU-weiten Emissionshandelssystems nur Zertifikate für 453,1 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgeben, erklärte die Kommission.

Gabriel hatte angekündigt, die Obergrenze werde im zweiten Nationalen Allokationsplan von 2008 bis 2012 auf 465 Millionen Tonnen festgeschrieben. Das waren bereits 3,5 Prozent weniger als zunächst vorgesehen. Deutschland müsse seinen Plan erneut ändern, forderte die EU-Kommission.

Insgesamt entschied die Behörde über zehn nationale Pläne für die Zuteilung von C02-Emissionszertifikaten an energieintensive Industrieanlagen. Frankreich zog seinen Plan in letzter Minute zurück und hat jetzt zwei Wochen Zeit, neue Ziele vorzulegen.

Die Kommission verlangte, die Gesamtmenge der Zertifikate müsse um sieben Prozent gegenüber dem Emissionsniveau von 2005 und in der gleichen Größenordnung gegenüber den vorgelegten Plänen gesenkt werden.

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas erklärte: "Die heutigen Entscheidungen zeigen mit aller Deutlichkeit, dass Europa das Kyoto-Ziel verwirklichen und das EU-Emissionshandelssystem zum vollen Erfolg führen will."

"Abenteuerlicher Vorgang"

Gabriel kritisierte das Vorgehen der Kommission auf einer Veranstaltung der Financial Times Deutschland als "abenteuerlichen Vorgang". Die Kommission habe ein Berechnungsverfahren angewandt, das bis dato niemandem bekannt gewesen sei, sagte er nach Mitteilung der Zeitung.

Das sei das Gegenteil der Transparenz, die der Emissionshandel brauche. Deutschland sei zu einer zusätzlichen Reduzierung bereit, aber nur dann, wenn sich alle EU-Staaten an den ehrgeizigen Zielen beteiligten.

Bundeswirtschaftsminister Glos wies die Brüsseler Forderung als "völlig inakzeptabel" zurück. Die Forderung treibe die Strompreise unnötig nach oben. Zudem greife die Kommission mit der Forderung in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten ein.

Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Eva Bulling-Schröter, erklärte, die Ablehnung der ersten zehn nationalen Pläne zeige, dass der Emissionshandel in fast allen EU-Staaten nicht als Klimaschutzinstrument begriffen werde.

Das einzig erfreuliche an der Angelegenheit sei die Konsequenz Brüssels. Künast erklärte, die Bundesregierung habe eine Vorreiterrolle im internationalen Klimaschutz spielen wollen und für ihre Ziele jetzt eine schallende Ohrfeige bekommen.

Greenpeace-Klimaexpertin Gabriele von Goerne nannte es absolut richtig, von einem Land wie Deutschland erste empfindliche Schritte der Reduktion von Treibhausgasen zu verlangen. Wenigstens die EU-Kommission habe ambitionierte Klimaschutzziele.

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