Entwicklung:Schmerzen aus der Ferne

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Forschungsziel: maximal möglicher Schmerz. Das US-Militär lässt eine neuartige Laserwaffe entwickeln.

Von Sebastian Herrmann

Das Forschungsziel ist maximal möglicher Schmerz. Ein Schmerz von solchem Ausmaß, dass Menschen, die ihn erleiden müssen, paralysiert und im wahrsten Sinne von den Beinen geholt werden.

Um diese grausigen Anforderungen zu erfüllen, forschen Wissenschaftler an der University of Central Florida in Orlando im Auftrag des US-Militärs.

Die dabei anvisierte Laserwaffe soll über Entfernungen von zwei Kilometern schwerste Schmerzen zufügen, ohne gleichzeitig tödlich zu wirken. Wie das amerikanische Magazin New Scientist berichtet, stammen das Geld und der Forschungsauftrag vom Office of Naval Research der US-Marine.

Bekannt wurde die Entwicklung der Laserwaffe durch das Sunshine Project. Die amerikanisch-deutsche Organisation, die vor allem auf Forschungsprojekte an biologischen Kampfstoffen aufmerksam macht, hatte den Vertrag zwischen der University of Central Florida und dem US-Militär veröffentlicht.

Die Laserwaffe soll nach der Planung des amerikanischen Militärs in spätestens zwei Jahren einsatzbereit sein. Das Schmerzgewehr feuert Laserimpulse ab, die ein Plasma erzeugen, wenn sie auf ihr Opfer treffen.

Das Plasma breitet sich aus und setzt elektromagnetische Impulse frei, die durch Reizung der Nervenzellen immense Schmerzen verursachen. Bereits 2003 berichtete das US Naval Studies Board, dass vergleichbare Systeme bei Tierversuchen "Schmerz und temporäre Lähmung" hervorgerufen hätten.

Besser als tot

Den Wissenschaftlern in Orlando wurde nun der Auftrag erteilt, das Verfahren zu optimieren - den Schmerz also massiv zu steigern, ohne dass das Opfer sein Leben verliert.

Bei den bis Juli laufenden Untersuchungen versuchen die Forscher, die elektromagnetischen Impulse so zu erzeugen, dass die Nervenzellen gereizt werden und menschliches Gewebe dabei unversehrt bleibt. Dazu soll in Versuchen an Zellkulturen ermittelt werden, wie viel Schmerz einem Menschen zugefügt werden kann, ohne dass der Tod eintritt.

Das US-Militär entwickelt bereits seit längerem vergleichbare Waffen, die unter dem Begriff Pulsed Energy Projectiles bekannt sind. Bisher seien diese Systeme aber als tödliche Waffen konzipiert worden, erklärt Jan van Aken vom Sunshine Project.

Ein Schmerzgewehr als nicht tödlich zu entwickeln, scheine deshalb "reine Rhetorik" zu sein. "Es geht wohl darum, ein neues Etikett für eine alte Waffe zu bekommen", sagte van Aken der Süddeutschen Zeitung.

Eine bisher tödliche Laserwaffe über den neuen Zusatz "nicht tödlich hoffähig zu machen". Unklar sei das geplante Einsatzgebiet der Schmerzwaffe.

Das US-Militär argumentiert, das System werde entwickelt, um in Situationen, die den Einsatz tödlicher Waffen nicht zuließen, die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren. Dies ließe aber alle Fragen offen, klagt van Aken. Schmerzforscher warnen indes, dass das Gerät auch zur Folter eingesetzt werden könnte.

© SZ vom 8.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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