Drogen-Jahresbericht:Kein Pardon für Promis

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Häufig kommen Prominente wegen Drogenmissbrauchs in die Schlagzeilen. Eine UN-Behörde warnt nun, dass Jugendliche die Gesetzesverstöße als normalen Teil des glamourösen Lebensstils wahrnehmen.

Markus C. Schulte von Drach

Wer den Namen Pete Doherty hört, denkt nicht nur an die Band Babyshambles und ihre Musik. Vertraut ist die breite Masse mit Doherty eher aufgrund der Meldungen zum Drogenkonsum des Musikers.

Pete Doherty erklärte sich 2006 vor dem Londoner Thames Magistrates' Court des Drogenmissbrauchs für schuldig erklärt hatte, musste er nicht ins Gefängnis. (Foto: Foto: dpa)

Und weil Doherty kein Einzelfall ist, beschäftigen sich nun sogar die Vereinten Nationen mit diesem Thema.

Ständig tauchen die Namen Prominenter im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch auf. Supermodel Kate Moss verlor 2005 ihren Job beim H&M, nachdem sie beim Koksen fotografiert worden war. Die Jazz-Sängerin Amy Winehouse wurde vergangenes Jahr in Norwegen mit Cannabis erwischt und vorübergehend festgenommen.

Popstar Robby Williams erklärte selbst nach einem Drogenentzug: "Einige der besten Zeiten meines Lebens hatte ich, als ich unter Drogen stand."

Britney Spears, Lindsay Lohan, Drew Barrymore, Nick Nolte, William Hurt, Courtney Love, Elton John, Konstantin Wecker - die Liste nimmt kein Ende. Erst kürzlich erklärte Popstar David Bowie, Ursache seiner Gedächtnisprobleme sei vermutlich der jahrelange Kokainkonsum in den siebziger Jahren. Und die Beatles-Alben "Revolver" und "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" entstanden angeblich unter dem Einfluss von Drogen.

Die Assoziation zwischen Prominenten, Ruhm, Erfolg und Drogen ist demnach stark. Und das bereitet den Fachleuten beim Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen (INCB) Sorgen.

Denn trotz aller Aufrufe, die Finger von den illegalen Substanzen zu lassen, entsteht der Eindruck, "dass unter Prominenten ein Lebensstil mit Drogen befürwortet wird", kritisiert der INCB in seinem Jahresbericht 2007. "Das ist besonders wichtig, wenn es um die Abschreckung von Jugendlichen geht, die häufig sehr anfällig sind für den Promi-Kult und den dazugehörigen Glanz."

Mehr Menschen als jemals zuvor können über die Medien heute regelmäßig das Verhalten der Berühmtheiten verfolgen, erklärt der INCB. Je größer der Kultstatus einer Person ist und umso dramatischer ihr Verhalten, umso stärker ist auch das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit.

Mehr Nachsicht mit Promis?

Wenn Promis verbotene Drogen nehmen, verstoßen sie genauso gegen die Gesetze wie alle anderen Menschen. Doch über die Medien werde häufig der Eindruck vermittelt, dass die Justiz gerade berühmte Personen nachsichtig behandele, kritisiert die UN-Behörde. Das werde nicht nur als unfair wahrgenommen.

Jugendliche könnten deshalb auch eine nachlässigere Haltung gegenüber illegalen Substanzen entwickeln, schreibt der INCB. Sowohl das falsche Verhalten der Berühmtheiten als auch der nachsichtige Umgang der Justizsysteme mit den Promis "kann die sozialen Bemühungen zur Senkung der Drogennachfrage untergraben", warnt die UN-Behörde.

Selbst dass mancher geläuterte Promi ein schlechtes Gewissen zelebriert und vor den Drogen warnt, ist nicht zwingend hilfreich. Die Botschaft ist letztlich: Dieser berühmte und erfolgreiche Mensch hat verbotenes Zeug genommen. Er hat sich über die Gesetze hinweggesetzt. Und ein naheliegender Schluss ist: Wenn Drogenkonsum auch keine zwingende Voraussetzung für den Erfolg ist, so gehört er offenbar doch irgendwie dazu.

Der Suchtstoffkontrollrat fordert nun die Behörden weltweit auf, sicherzustellen, dass Prominente, die gegen Gesetze verstoßen, wie jeder andere zur Verantwortung gezogen werden. Auch sollten die Regierungen sich stärker darauf konzentrieren, organisierte Drogenhändler zu verfolgen anstatt kleine Straßendealer und die Behörden im Kampf gegen den internationalen Drogenhandel stärker zusammenarbeiten.

Cannabis aus Deutschland

Wie aus dem Jahresbericht des INCB hervorgeht, ist der Drogenkonsum weltweit im Durchschnitt etwa gleich geblieben. Cannabis ist noch immer die am häufigsten konsumierte illegale Droge, doch der Verbrauch ist insgesamt etwas zurückgegangen. Geändert hat sich in Deutschland allerdings die Quelle: Es gibt immer mehr heimische Cannabis-Plantagen in Gewächshäusern.

In Westeuropa ist der Kokainkonsum gestiegen. Der Import der Droge nach Deutschland hat deutlich zugenommen. Auffällig ist zudem die zunehmende Zweckentfremdung verschreibungspflichtiger Medikamente. Dabei spielt offenbar auch der Verkauf über das Internet eine wichtige Rolle.

Während die Weltgemeinschaft sich um den Wiederaufbau in Afghanistan bemüht, nimmt dort der Anbau von Schlafmohn weiterhin dramatisch zu. Die Ernte war im vergangenen Jahr etwa 34 Prozent größer als 2006. Die etwa 3,3 Millionen Heroinabhängigen in Europa beziehen ihre Droge fast ausschließlich von dort.

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