Diskussion um das Stammzellgesetz:Kompromiss im Kreuzfeuer

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Kaum ein Forschungsgebiet wird von Politikern so kritisch beäugt wie die Stammzellforschung. Vor sechs Jahren erlies der Bundestag sogar ein eigenes Gesetz - über das nun wieder diskutiert wird.

Christina Berndt

Wenn es um hohe Politik geht, spielen Wissenschaftler nur selten eine Rolle. Deutsche Stammzellforscher allerdings mussten sich daran gewöhnen, dass ihre Arbeit auch von höchster Ebene kritisch beäugt wird. Vor sechs Jahren erließ der Bundestag sogar ein eigenes Gesetz, das die Arbeit mit Stammzellen regelt, die aus Embryonen gewonnen werden und sich potentiell in jedes Gewebe entwickeln können.

Über die Forschung mit embryonalen Stammzellen wird heftig diskutiert. (Foto: Foto: dpa)

Am heutigen Donnerstag wird sich der Bundestag erneut mit diesen wandlungsfähigen Zellen beschäftigen. Und derzeit werden die Mitglieder des künftigen Deutschen Ethikrates ausgewählt, der sich auch mit Stammzellen befassen wird.

Kritiker sehen in deren Gewinnung einen Angriff auf die Menschenwürde; Befürworter der Forschung erhoffen sich Zelltherapien für schwere Krankheiten wie Herzinfarkt und Parkinson. Als Kompromiss entstand vor sechs Jahren das Stammzellgesetz, das deutschen Forschern den Import von Zellen aus dem Ausland erlaubt, sofern diese vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden.

Vier Anträge zur Novellierung des Stammzellgesetzes stehen nun zur Abstimmung: Der erste plädiert für eine einmalige Verschiebung des Stichtags auf den 1.Mai 2007, um Forschern die Arbeit mit frischerem Material zu ermöglichen; der Antrag stammt von René Röspel (SPD), wird aber wie alle Vorschläge von Parlamentariern aller Fraktionen unterstützt. Einen Fraktionszwang wird es bei der Abstimmung Mitte März nicht geben. Die Abgeordneten sind allein ihrem Gewissen verpflichtet.

Eine zweite Gruppe um Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) möchte in puncto Stichtag alles beim Alten lassen; deutsche Forscher sollen aber künftig nur noch strafrechtlich belangt werden, wenn sie im Inland gegen das Stammzellgesetz verstoßen, im Ausland sollen sie dem Antrag zufolge mit frischeren Stammzellen arbeiten dürfen.

Für einen kompletten Ausstieg aus der embryonalen Stammzellforschung ist dagegen eine Gruppe um Hubert Hüppe (CDU), während ein von Ulrike Flach (FDP) initiierter Antrag für eine Abschaffung des Stichtags und eine weitgehende Freigabe der Forschung plädiert.

Die Süddeutsche Zeitung hat führende Forscher gebeten, ihren Wunsch nach einer Lockerung des deutschen Stammzellgesetzes zu begründen. Auch die, die selbst nicht mit embryonalen Stammzellen arbeiten, sprachen sich dabei für mehr Freiheit aus. Kritiker glauben zu wissen, weshalb: "Alle sind auf Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft angewiesen, die für eine freizügigere Regelung plädiert", sagt einer, der nicht namentlich genannt werden will. "Wenn sie sich kritisch äußern, würden sie ihre Karriere opfern."

© SZ vom 14.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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