Der junge Mann:Die geplatzte Verlobung

Dastagear, 20, hatte sich in verliebt und wollte heiraten. Dann begannen sich seine Hände zu verformen, und er schnitt sich aus Versehen einen Daumen ab.

Text und Fotos Von Fabian Fiechter

Heute kann Dastagear zum ersten Mal seit drei Monaten das Sivananda Krankenhaus für kurze Zeit verlassen, um Freunde und Familie zu besuchen. Was wird er ihnen sagen, wenn sie den Gipsverband an seinem Arm sehen? Er will ihnen nicht die Wahrheit verraten. Vor anderthalb Jahren war bei dem 20-Jährigen Lepra im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert worden. Bereits vor fünf Jahren hatte er die kleinen weißen Stellen auf seiner Haut gesehen, aber einen Arzt suchte er nicht auf. Und bis vor zwei Jahren war das Leben ja wunderbar für Dastagear. Er hatte sich in das Mädchen Masrath verliebt und plante, sie zu heiraten. Er arbeitete in einem Laden, wo er Hühner zerlegte. Doch wegen seiner tauben Hände schnitt er sich eines Tages einen Daumen ab. Kurz darauf begannen sich seine Hände zu verformen. Er versuchte sich umzubringen, wurde aber von einem Freund gerettet, der ihn ins Krankenhaus brachte. Nach sechs Monaten Behandlung stoppte Dastagear in der Fastenzeit die Einnahme seiner Pillen, woraufhin sich seine Missbildungen noch verstärkten. "Es geht nie wieder weg, es ist böses Blut", sagt er. "Ich habe Masrath nicht gesagt, wo ich hinging, sie weiß nichts über die Lepra." Er fürchtet ihre Reaktion und die ihrer Eltern, wenn sie von seiner Krankheit erfahren. Lieber lebt er sein Leben einsam im Krankenhaus. Er verbringt viel Zeit damit, auf das Bild von Masrath in seinem Handy zu schauen. Gelegentlich ruft sie ihn an, aber er nimmt kein Gespräch an.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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