Das philosophische Gespräch:Sexappeal und Intellekt

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Ist Intellekt anziehend? Und kann er mit dem Waschbrettbauch konkurrieren? Ein SZ-Wissen-Gespräch mit dem Philosophen Eckart Voland über Kriterien bei der Partnerwahl.

Philip Wolff

SZ-Wissen: Eine Studienfreundin heiratet demnächst ihren früheren Professor. Zum Hochzeitsfest zu gehen und zu gratulieren, fällt mir nicht ganz leicht.

Wer ist attraktiver: der durchtrainierte Jüngling oder der gebildete Professor? (Foto: Foto: dpa)

Eckart Voland: Wegen des Altersunterschieds oder wegen des ursprünglichen Schüler- Lehrer-Verhältnisses?

SZ-Wissen: Eher weil viele Freunde kommen, die mit diesem älteren, klugen Mann lange Zeit konkurriert haben. Die Braut war im Freundeskreis sehr umschwärmt - auf Clubtanzflächen, mit viel Alkohol, ziemlich körperlich. Daran will niemand erinnert werden.

Eckart Voland: Na ja, die Partnerwahl gehorcht eben Marktgesetzen. Und junge Männer mit Sixpack repräsentieren nur eine Strategie auf diesem Markt. Der Bräutigam bietet hingegen seine Klugheit und soziale Position an. Über Liebe so sachlich zu sprechen, ist sicher nicht angebracht auf einer Hochzeit, aber eine derart pragmatische Sprache beschreibt die wissenschaftlichen Beobachtungen zum Partnerwahlverhalten recht treffend: Wie immer man Liebe empfinden mag - Statistiken zeigen, dass Angebot und Nachfrage mit darüber bestimmen, wer zueinanderfindet. Und auf diesem Markt sind Partnerschaften zwischen älteren Männern und jüngeren Frauen nicht ungewöhnlich - allerdings auch nicht alltäglich, denn die Marktlogik führt eher zu Verbindungen zwischen Leuten, deren Partnerwerte sich in etwa entsprechen, zu Paaren "üblichen Zuschnitts".

SZ-Wissen: Ans Mittelmäßige ist man gewöhnt. Bei anderen fragt man sich oft, was sie wohl aneinander finden.

Eckart Voland: Man kann die Motive der beiden evolutionär gut rekonstruieren. Die Jugend und Attraktivität der Frau stellt ihm reproduktiven Erfolg in Aussicht - vollkommen unbewusst freilich. Und sein Alter wie seine soziale Position zeigen ihr: Er ist fertig geworden mit den Hürden des Lebens. Bei jüngeren Männern weiß man noch nicht, ob sie das schaffen. Sie leben im Mittel riskanter und können scheitern. Er bietet mehr Sicherheit. Aber das allein wird sie nicht an ihm schätzen, sondern darüber hinaus seinen Geist, seinen Einfallsreichtum, seinen Humor vielleicht.

SZ-Wissen: Ist Intellekt sexy?

Eckart Voland: Evolutionsbiologische Theorien sagen, dass sich mentale Fähigkeiten, Intelligenz, Kreativität, Humor nicht wegen ihrer biologischen Nützlichkeit entwickelt haben - welche alltäglichen kleinen Probleme lösen große Denker schon? -, sondern weil sie verborgene Eigenschaften ihres Trägers kommunizieren. So wie der ansonsten unnütze Pfauenschwanz, der dem Weibchen Auskunft über das Immunsystem des Hahns gibt. Auch wir Menschen haben solche "teuren Signale", in die der Organismus viel investieren musste, und zeigen sie her.

SZ-Wissen: Sie vergleichen Philosophen mit Pfauhähnen?

Eckart Voland: In gewisser Weise ja, und ich hoffe, dass Sie das nicht missverstehen. Denn der menschliche Geist ist vermutlich nicht evolviert, weil er unmittelbar biologisch nützlich gewesen wäre, sondern weil er seinen Träger attraktiv gemacht hat. Wenn wir hier also eine Art Pfauenschwanz haben, stellt sich die Frage: Was zeigt der an?

SZ-Wissen: Und, was könnte es sein?

Eckart Voland: Einige Studien deuten darauf hin, dass gebildete Menschen eine etwas höhere Lebenserwartung haben, wie immer das physiologisch zu begründen ist. Dann gratuliere ich beiden zur Aussicht auf eine lange Ehe. Oh, nein! Es gibt keine Garantien. Wir reden hier über statistische Mittel. Genügend Einzelbeispiele zeigen das Gegenteil.

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