Bayerische Behörde bestätigt:Mineralwasser radioaktiv belastet

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Nach alarmierenden Test streicht ein Getränkehersteller seinem Mineralwasser den Zusatz "geeignet für Säuglingsnahrung". Das Münchner Verbraucherschutzministerium bestätigt den Fall - aber weigert sich, den Namen der Firma zu nennen.

Manfred Hummel

Ein Mineralwasser aus Bayern mit dem Zusatz "Geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung" ist zu hoch radioaktiv belastet. Dies bestätigte ein Sprecher des bayerischen Verbraucherschutzministeriums. "Wir nehmen die Sache sehr ernst", sagte Roland Eichhorn der SZ. Er war aber nicht bereit, offen zu legen, um welche Marke es sich handelt.

Frau erfrischt sich mit Mineralwasser (Foto: Foto: obs / Informationszentrale Deutsches Mineralwasser)

Wie zu erfahren war, sitzt der Hersteller in Oberbayern. Er soll sich inzwischen dafür entschieden haben, den Hinweis auf die Eignung für Säuglingsnahrung von den Etiketten zu streichen. Das bayerische Landesamt für Umwelt in Augsburg habe sofort reagiert, nachdem vor kurzem ein Fernseh-Magazin über radioaktives Mineralwasser aus anderen Bundesländern berichtet habe, so Ministeriums-Sprecher Eichhorn. Bei einer von vier bayerischen Proben habe sich bei ersten Schnellmessungen ein Radium-Wert ergeben, der zu hoch sei.

Dieser Wert müsse aber stichhaltig belegbar sein, um ihn juristisch halten zu können. Deshalb dürften die Behörden laut Lebensmittelgesetz den Namen der Firma nicht preisgeben. "Wir haben sie sofort unter die Lupe genommen und uns die Eigenkontrollaufzeichnungen angesehen", sagt Eichhorn. Das seien regelmäßige Analysen durch ein akkreditiertes Dritt-Labor. Bei diesen Werten habe es allerdings nie Überschreitungen bei Radium 226 und 228 gegeben.

Langfristig drohen Zellschäden

Derzeit würden intensiv die jüngst genommenen Proben gemessen. Das sei sehr zeitaufwändig. Erst nach rund 300 Stunden gebe es genügend Zerfallsprodukte, um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten, so der Sprecher. "Liegt das über den Grenzwerten, leiten wir die entsprechenden Schritte ein." Das "lokal und regional bekannte Unternehmen" dürfe dann den Hinweis auf die Eignung für Babynahrung nicht mehr verwenden.

Nach Auskunft des Kinderarztes Andreas Busse aus dem oberbayerischen Tegernsee können überhöhte radioaktive Werte über längere Zeit zu Zellschäden führen. Allerdings sondere auch die Umwelt ständig Radioaktivität ab. In entsprechenden Gegenden seien die Böden beispielsweise hoch mit Radon belastet. Der Arzt rät dazu, auf jeden Fall jede künstliche Aufnahme von Radioaktivität zu vermeiden. Für Babynahrung könne man auch Leitungswasser hernehmen. "Warum muss es immer Mineralwasser sein?", sagt der Arzt.

Auch ein Fall in NRW

Die bayerische SPD fordert unterdessen die Staatsregierung auf, Namen und Marke des bayerischen Herstellers sofort zu nennen. "Nur umfassende Information macht den Verbraucher frei in seinen Entscheidungen", sagte der verbraucherpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Ludwig Wörner, am Sonntag.

Wenn der Verbraucher das Gefühl habe, dass staatliche Stellen mit wesentlichen Informationen hinter dem Berg halten, würden sich seine Unsicherheit und seine Verdrossenheit verstärken.

Wie das Magazin Spiegel berichtet, ist neben dem bayerischen auch ein Mineralwasser aus Nordrhein-Westfalen aufgefallen, das den zulässigen Strahlungswert um fast ein Drittel überschritten habe. Supermarktketten, die "Tip Herrather Jungbrunnen" verkaufen, wollten es vorerst aus den Regalen nehmen.

© SZ vom 28. August 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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