Atomkraft und Krebs:Leukämiefälle sollen weiter untersucht werden

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Die jüngste Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken hat die Diskussion um die Gefahr der Anlagen angeheizt. Weitere Untersuchungen sollen nun für Klarheit sorgen.

Jens Schneider

Hamburg - Mit neuen Studien soll die ungeklärte Häufung von Leukämiefällen bei Kindern in der Elbmarsch, in der auch das Atomkraftwerk Krümmel liegt, aufgeklärt werden.

Die Häufung von Leukämie bei Kindern, zum Beispiel in der Umgebung des Atomkraftwerks Krümmel, soll weiter untersucht werden. (Foto: Foto: dpa)

Die Fraktionen der Großen Koalition in Schleswig-Holstein wollen, dass das Gebiet in der Elbmarsch dazu von der Bundesregierung zu einer "Modellregion zur Aufklärung der Zusammenhänge" erklärt wird.

In diesem Rahmen sollen weitere Bodenproben und medizinische Untersuchungen in Auftrag gegeben werden, fordern die Koalitionsfraktionen CDU und SPD. Über den Antrag debattierte am Mittwoch der Landtag. Er wird nun beraten, seine Annahme gilt als sicher.

Auch die Oppositionsfraktionen von Grünen und FDP wollen weitere Aufklärung der Leukämiefälle. Bei den Untersuchungen sollen ausdrücklich auch mögliche Zusammenhänge zwischen dem Auftreten der Leukämie bei Kindern und dem Betrieb und möglichen Störfällen in kerntechnischen Anlagen erforscht werden.

In der Elbmarsch und der Stadt Geesthacht gibt es laut Studien eine überdurchschnittliche Häufung von Leukämiefällen bei Kindern seit 1990. In dieser Gegend liegt außer dem Atomkraftwerk Krümmel auch das atomare Forschungszentrum GKSS in Geesthacht.

Eine Verbindung zwischen den Erkrankungen der Kinder und den atomaren Anlagen wurde zwar seit Jahren vermutet, aber nie nachgewiesen. Vielmehr haben mehrere Untersuchungskommissionen dazu trotz einer Fülle von Messergebnissen und umfangreichen Auswertungen keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Erklärung gefunden.

"Häufung von Leukämie unbestreitbar"

"Ich glaube, dass wir einen neuen Anlauf machen sollten", sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner am Mittwoch im Kieler Landtag.

Stegner verwies auf die jüngste Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken, genannt KiKK: "Es ist unbestreitbar, dass es eine signifikante Häufung von Leukämie in der Nähe von Atomkraftwerken gibt", sagte der Sozialdemokrat. "Je näher der Wohnort an einem AKW liegt, desto höher ist das Risiko für Kinder unter fünf Jahren, an Krebs zu erkranken".

Es gebe eine besondere Häufung solcher Fälle um Brokdorf und Krümmel, ergänzte Stegner mit Bezug auf diese zwei Atomkraftwerke. Stegner räumte ein, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Atomkraftwerken und den Erkrankungen nicht nachgewiesen sei. Angesichts der Häufungen sei man es aber Kindern und Eltern schuldig, weitere Untersuchungen in Auftrag zu geben.

Es gehe darum, Misstrauen und Verunsicherung abzubauen, sagte die CDU-Abgeordnete Ursula Sassen. Bei den Ursachen fische man immer noch im Trüben.

Die Christdemokratin bezeichnete die KiKK-Studie zur höheren Häufigkeit von Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken als problematisch. Diese Studie habe auch bei entschiedenen Gegnern der Atomkraft Ratlosigkeit verursacht, sagte sie.

Die weiteren Untersuchungen sollen nun "Misstrauen und Verunsicherung abbauen und einen Beitrag zur Erforschung der Leukämiefälle" leisten. Dabei solle die "Bürgerinitiative gegen Leukämie in der Elbmarsch" ausdrücklich in die Vorbereitungen der neuen Studien einbezogen werden, sagte Sassen.

Im angrenzenden Niedersachsen wurde die Kieler Initiative entschieden begrüßt. Es sei immer positiv, wenn man auf nationaler Ebene neue Untersuchungen anschiebe, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums in Hannover.

© SZ vom 01.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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