Abwrackprämie:Der Öko-Schwindel

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Die Abwrackprämie kommt auch unter dem Namen "Umweltprämie" daher. Doch auf Natur, Klima und Gesundheit hat sie nur wenig positive Auswirkungen.

Wolfgang Roth

Der Titel trifft es genau: Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen. Voraussetzung für den staatlichen Zuschuss ist aber ein Antrag an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, und der richtet sich "auf Gewährung einer Umweltprämie".

Auch die Autofirmen werben damit, dass die Verschrottung eines mindestens neun Jahre alten Wagens und der Kauf eines neuen ökologische Vorteile brächte. Dafür, dass die realistischerweise auch "Abwrackprämie" genannte Förderung mehr ist als ein temporär wirksames Konjunkturprogramm, gibt es aber kaum Anhaltspunkte.

Exakte Prognosen sind schon deshalb schwierig, weil heute niemand sagen kann, in welchem Umfang auf deutlich sparsamere Fahrzeuge umgestiegen wird, und das bei gleichbleibender Fahrleistung. Falls ein Käufer ohnehin sein altes Auto verschrotten wollte und nun dankbar die Prämie mitnimmt, ist der Nutzen der Aktion sowieso gleich null.

Ökobilanzen sind zudem keine simple Rechenaufgabe. Das Ergebnis hängt davon ab, wie einzelne Sektoren gewichtet werden: Ist die Luftverschmutzung mit direkt gesundheitsgefährdenden Stoffen stärker zu berücksichtigen als der Beitrag zum Treibhauseffekt?

Wie stark ist die Vergeudung begrenzter Rohstoffe anzusetzen, welche Schäden richtet der nicht verwertbare Restmüll eines Schrottwagens irgendwo auf der Erde an? Nach Schätzung der Umweltorganisation WWF werden für die Herstellung eines Autos durchschnittlich 450.000 Liter Wasser benötigt, was in manchen Regionen gravierende Auswirkungen auf die Trinkwasser-Reserven haben kann.

Je nach Betriebsdauer eines Autos sind der Herstellungsprozess und die Abfallentsorgung mehr oder weniger bedeutsame Größen für die Umweltbelastung. Nach Firmenangaben sind zur Fertigung eines Mercedes der S-Klasse 50.000 Kilowattstunden Energie nötig, ein zehn Jahre alter GolfIV hat seinerzeit ungefähr die Hälfte dieser Menge "geschluckt", bevor er vom Band rollte.

In der kompletten Energie-Bilanz eines Fahrzeugs spielt dieser für den Konsumenten verborgene Verbrauch - man spricht von "grauer Energie" - im Verhältnis zum späteren Spritbedarf eine umso größere Rolle, je kürzer die Betriebszeit und die zurückgelegten Strecken sind.

Für die ökologische Wirksamkeit des Fahrzeugwechsels ist nun bedeutsam, ob das neue Auto erheblich weniger Treibstoff verbraucht als das alte. Die Prognosen diverser Institute kommen relativ übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Energiebilanz dann im Einzelfall positiv sein "kann".

Derart vorsichtige Bewertungen lassen den Schluss zu, dass die Bezeichnung "Umweltprämie" schwerlich zu rechtfertigen ist. Sicher ist, dass mit den Fördermitteln anderweitig wesentlich mehr für die Begrenzung des Klimawandels erreicht würde, etwa bei der Sanierung von Wohnhäusern oder im öffentlichen Nahverkehr.

Unbestreitbar sind Fortschritte in der Bekämpfung des Feinstaubs in den Ballungszentren, weil sich wohl kaum mehr jemand ein Dieselauto ohne Partikelfilter kauft, dem in den diversen Umweltzonen die Einfahrt verwehrt ist. Da die Prämie Fahrzeugen mit Euronorm4 vorbehalten ist, wird auch etwas rascher die Belastung mit Stickoxiden zurückgehen, die bodennahes Ozon verursachen.

© SZ vom 09.04.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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