Zwischen den Zahlen:Unter Fuzzis

Lesezeit: 1 min

Tickt BDI-Chef Ulrich Grillo, "dieser Industrie-Fuzzi", noch richtig?, titelte die Bild-Zeitung am Freitag frech. Das lockte manche vielleicht auch zum Lesen. Über Beleidigungen, die nicht immer welche sind.

Von Caspar Busse

Er war einer der Erfinder des Freestyle-Skifahrens und des Snowboards: Vor mehr als 40 Jahren machte ein Mann namens Fuzzy Garhammer, der aus Niederbayern stammte, das Trickskifahren bekannt. Er wedelte auf der Piste rückwärts, machte akrobatische Figuren und sprang in die Luft. Damals war das eine Sensation, heute ist das bei jungen Leuten in den Skigebieten fast Standard, Fuzzy sei Dank.

Doch die wenigstens denken bei dem Wort Fuzzi an Skifahren. Laut Duden steht der Begriff für einen "nicht ganz ernst zu nehmenden Menschen", zumindest in der Umgangssprache. Leicht abwertend ist zum Beispiel von einem PR- oder Werbe-Fuzzi die Rede. Aber ist Fuzzi auch ein Schimpfwort? Gibt es einen Unterschied zu einem Heini, zu einem Deppen oder Schlimmerem? Die Frage hat neue Aktualität. "Tickt dieser Industrie-Fuzzi noch richtig?", titelte am Freitag die Bild-Zeitung. Darunter war ein Bild von Ulrich Grillo zu sehen, der ist Unternehmer und Miteigentümer der Grillo-Werke, dem "Spezialisten für Zink und Schwefel", wie die 174 Jahre alte Firma selbst schreibt. Vor allem aber ist Grillo, quasi im Nebenberuf, Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie - kurz BDI -, jenes mächtigen Lobbyverbandes, der sich vor allem für die Interessen der großen Unternehmen einsetzt.

Als BDI-Präsident hatte er ein langes und blumiges Interview gegeben. "Es ist keine Leistung, nur zu leben, sondern im Leben muss gearbeitet und etwas erschaffen werden", sagte der 56-Jährige zur Rentendebatte. Und: "Wir dürfen nicht zu einer Wohlfühl-Gesellschaft werden." Von den hohen Boni, die die VW-Manager trotz des Abgasskandals einstreichen wollen, distanzierte er sich dagegen nicht richtig. Das sorgt jetzt für Aufregung.

Aber ist Grillo deshalb schon ein Fuzzi? Also nicht ernst zu nehmen? Vor knapp zwei Jahren sagte ein Rechtsanwalt zu zwei Polizisten, die Anzeige gegen ihn erstatten wollten: "Da habt Ihr auf der Polizeischule aber gut aufgepasst, Ihr Fuzzis." Das Amtsgericht in Gelsenkirchen brummte ihm wegen Beleidigung eine Geldstrafe von 9000 Euro auf. In der Berufung wurde er aber freigesprochen, aus Mangel an Beweisen. Kann man solch einer Justiz noch vertrauen? Dazu passt ein schöner Satz von Grillo: "Vertrauen ist wie ein flüchtiges Reh, das ist schnell weg."

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: