Zwischen den Zahlen:Kaum Frauen

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Die Start-up-Szene ist männlich. In Berlin wollte man das ändern, heraus kam "Escort-Gate". Eine voll peinliche PR-Aktion: Beim Kongress der Gründer im Tempodrom ging es zu wie damals in Budapest bei den Versicherungsvertretern.

Von Caspar Busse

Wer erinnert sich noch an Peter Löscher? Der Mann aus der Steiermark war von 2007 bis 2013 Vorstandsvorsitzender bei Siemens. Sein großer Verdienst: Er hatte den Münchner Konzern aus der tiefen Korruptionskrise geführt. Von ihm ist aber auch ein Zitat in Erinnerung: Das Management bei Siemens sei "zu deutsch, zu weiß, zu männlich". Mehr Ausländer, mehr Menschen mit anderer Hautfarbe, mehr Frauen brauche das Unternehmen, sollte das heißen. Löscher wollte schon damals, vor acht Jahren, mehr Vielfalt, mehr diversity, wie das heute heißt.

Vielfalt - sie fehlt heute in der Wirtschaft noch immer an vielen Stellen. Das Silicon Valley etwa wird von jungen, weißen, bärtigen Männern beherrscht. Auch die Gründerszene in Deutschland ist ziemlich männer- und nerd-dominiert. Das zeigte sich in dieser Woche wieder bei der Startup-Konferenz Noah in Berlin. Der Frauenanteil unter den Teilnehmern lag bei gefühlt unter zehn Prozent. Auf der Bühne des Tempodrom im Stadtteil Kreuzberg traten vor allem Männer auf und präsentierten ihre Geschäftsideen und ihre Unternehmen.

Bei der abendlichen Party zur Konferenz fuhren dann auf einmal Taxis vor, zahlreiche Frauen stiegen aus und mischten sich unter das feiernde (und meist männliche) Volk. Dahinter steckte offenbar die Firma Ohlala, eine App für bezahlte Dates und für Escort-Dienstleistungen. Die Party sollte für eine Guerilla-PR-Aktion genutzt werden, sagte die Macherin von Ohlala, Pia Poppenreiter, dem Onlinedienst Deutsche-Startups.de. "Leider ist die Aktion aus dem Ruder gelaufen", fügte sie an und hofft, die Veranstaltung habe keinen Schaden genommen.

Schon passiert. Aus der Aktion wurde "#EscortGate", die Aufregung, nicht nur bei Twitter und Facebook, ist groß, die Veranstalter, darunter die Axel Springer AG, stehen in der Kritik. "Beruhigend und verstörend, wie schnell diese unfassbar aufgeblasene Startup-Bande nun auf Ergo-Level angekommen ist", twitterte Autor Hajo Schumacher mit Verweis auf den Sex-Skandal bei dem Versicherer. Immerhin: Das Startup Ohlala hat durch diesen unmöglichen Auftritt einiges für seine Bekanntheit getan.

© SZ vom 11.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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