Zeitungskonzern greift nach Fernsehkette:Springer will Mehrheit an Pro Sieben Sat 1 AG

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In der deutschen Medienbranche steht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die größte Übernahme seit Jahren bevor: Springer-Chef Döpfner will von US-Investor Haim Saban die Pro Sieben Sat 1 Media AG mehrheitlich übernehmen. Deutschlands größtes Zeitungshaus wäre dann auch im Privatfernsehen die Nummer eins.

Von Hans-Jürgen Jakobs und Klaus Ott

Der in Berlin ansässige Springer-Verlag plant, seinen Anteil an der Fernsehkette Pro Sieben Sat 1 Media von derzeit 11,8 Prozent auf mehr als 50 Prozent aufzustocken.

Vor dem großen Coup: Springer-Chef Mathias Döpfner (links) plant die Übernahme der Aktien-Mehrheit an der Pro Sieben Sat 1 AG. Deren Hauptaktionär Haim Saban (rechts) hatte stets erklärt, aus der Fernsehkette wieder aussteigen zu wollen. (Foto: Foto: ddp)

In den vergangenen Wochen hat Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner das Milliardengeschäft mit den gegenwärtigen Hauptaktionären der TV-Gruppe besprochen, die im Prinzip einverstanden sind.

Der Kaufvertrag soll rasch ausgehandelt und dem Bundeskartellamt vorgelegt werden. Eine Springer-Sprecherin sagte auf Anfrage lediglich, "das sind Spekulationen, die wir nicht kommentieren".

Die aus inzwischen sechs Programmen (Sat 1, Kabel 1, Pro Sieben, N 24, Neun Live, Sonnenklar) bestehende Fernsehkette mit Hauptsitz in München war einst vom hiesigen Medienhändler Leo Kirch aufgebaut worden.

Nach dessen Pleite übernahmen amerikanische Investoren rund um den US-Medienunternehmer Haim Saban für rund 750 Millionen Euro die Aktienmehrheit. Die Investoren wollten von Anfang an bei passender Gelegenheit mit hohen Gewinnen wieder aussteigen. Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen.

Saban will Aktionär bleiben

Saban dagegen versicherte intern, er wolle Aktionär der Pro Sieben Sat 1 Media AG bleiben. Saban nimmt dort als Aufsichtsratschef viel Einfluss auf die Geschäftspolitik. Der US-Unternehmer versteht sich gut mit Springer-Vorstandschef Döpfner; beide sind sich einig über die neue Gesellschafterstruktur.

Beträchtliches Hindernis

Die Kaufvertrag soll ausgehandelt werden, sobald ein Hindernis beseitigt ist, das den Gewinn der US-Investoren stark schmälern könnte: Der Insolvenzverwalter und die Hauptgläubiger von Leo Kirchs einstigem Konzern Kirch Media hatten sich bei dem Verkauf der Aktienmehrheit an Saban und dessen Partner ausbedungen, dass die neuen Großgesellschafter bei einem Ausstieg innerhalb von zwei Jahren den größten Teil ihres Veräußerungsgewinnes - 85 Prozent - an die Kirch Media abführen müssen. Das Geld käme den Gläubigern zugute, vor allem Großbanken. Die Frist läuft am 8. August 2005 aus.

So lange wollen jedoch weder die verkaufswilligen US-Investoren noch der Springer-Verlag warten. Die derzeitigen Hauptaktionäre der Pro Sieben Sat 1 Media AG bieten der insolventen Kirch Media deshalb an, sich für 15 Millionen Euro von dieser Klausel freizukaufen. Die Offerte ist vorerst bis zum heutigen Dienstag begrenzt.

Der Gläubigerausschuss der Kirch Media, der am Montagnachmittag bei einer Telefonkonferenz beriet, ist aber noch nicht einverstanden. "Wir haben noch Diskussionsbedarf", verlautete aus dem Kreise der Hauptgläubiger der Kirch Media, die durch die Pleite viel Geld verloren haben.

Hauptfinanzier Deutsche Bank

Bei den Beteiligten ist nicht ausgeschlossen, dass die 15 Millionen Euro nicht genügen und die verkaufswilligen Pro-Sieben-Aktionäre ihre Angebot erhöhen müssen, um den Gläubigerausschuss umzustimmen. Dem Vernehmen nach ist Springer bereit, bis zu 1,3 Milliarden für den Zugriff auf die Fernsehkette auszugeben. Hauptfinanzier soll die Deutsche Bank sein.

Der Gewinn der US-Investoren bei Pro Sieben Sat 1 beliefe sich dann auf mehr als 400 Millionen Euro. Das läge vor allem am gestiegenen Aktienkurs, der sich seit dem Einstieg der neuen Hauptaktionäre im August 2005 in etwa verdoppelt hat.

Laut einigen Beteiligten wollen die Investoren die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, jetzt schnell mit hohem Profit auszusteigen. Umgekehrt wolle Springer nicht die Chance verpassen, das Geschäft perfekt zu machen, sofern das Kartellamt keine gravierenden Einwände habe.

Auflagen des Kartellamts möglich

Intern wird bei Springer wohl mit Auflagen des Kartellamts gerechnet, da der Verlag bereits hohe Marktanteile bei der Presse sowie den Privatradios hat und mit der Pro-Sieben-Gruppe im Inland sogar stärker wäre als der Bertelsmann-Konzern, der die RTL-Gruppe betreibt.

Politisch hat sich Springer-Vorstandschef Döpfner dem Vernehmen nach die Unterstützung von Bayerns CSU-Regierung gesichert. Döpfner habe Ministerpräsident Edmund Stoiber zugesagt, dass München Hauptsitz der größten deutschen Fernsehkette bleibe.

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