Deutschlands Großstädte sind im Aufschwung: Junge Menschen ziehen den Studien- und Arbeitsplätzen hinterher; Familien und Senioren bleiben in den Städten, anstatt im Alter zurück aufs Land zu ziehen. Das treibt nicht nur Immobilienpreise und Mieten nach oben, sondern kurbelt auch den Bau an. Wie stark, hat nun die Postbank in ihrer Wohnatlas-Studie ausgerechnet; sie liegt der Süddeutschen Zeitung vorab vor. Demnach wurde in den vergangenen Jahren besonders fleißig in Münster und Potsdam gebaut. Dort stehen heute zwölf Prozent mehr Wohnungen als noch im Jahr 2000. Es folgen Frankfurt und München, wo das Wohnungsangebot jeweils um zehn Prozent gestiegen ist.
Die Zahlen zeigen, dass der Wohnungsmarkt im Ansatz funktioniert: "In Städten mit hohem Preisniveau sind besonders viele Neubauwohnungen entstanden", sagt Dieter Pfeiffenberger, Chef der Postbank-Immobilienfinanzierung. Denn alle vier Bau-Spitzenreiter gelten als stark wachsende Städte, die zurzeit besonders viele Menschen anziehen. In Erfurt, Chemnitz und Halle dagegen sind im selben Zeitraum mehr Wohnungen abgerissen als neu gebaut worden. Für den Wohnatlas haben Forscher der Universität Hamburg 36 deutsche Großstädte untersucht.
Hamburg zeigt, wie es geht: mit städtischem Wohnungsbau, Fördergeld und mehr Bauland
Stellt man der Bautätigkeit allerdings die Bevölkerungsprognosen des Bundes gegenüber, zeigt sich: Selbst wenn in den nächsten 15 Jahren genauso fleißig gebaut werden würde, wie seit der Jahrtausendwende, würde dies die Nachfrage nicht decken. Denn der Zuzug in die Städte hält an.
Den größten Bedarf sehen die Forscher in Hamburg: Im Jahr 2030 müsste es dort 19 Prozent mehr Wohnungen geben als heute. Immerhin hat die Hansestadt festgelegt, wie sie diese Lücke schließen will: mit mehr städtischem Wohnungsbau, mehr Fördergeld und mehr Grundstücken, die nicht zum höchsten Preis, sondern an das beste Konzept vergeben werden. Einen ähnlich hohen Bedarf nennt der Wohnatlas für Stuttgart, Wiesbaden und Berlin, wo bis 2030 jeweils mehr als 16 Prozent mehr Wohnungen gebraucht würden als heute.
Verändert hat sich in den vergangenen Jahren auch, welcher Wohnraum entsteht. So werden seit einigen Jahren ziemlich wenige Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut. Im Jahr 2015 waren es bundesweit vier Prozent weniger als im Vorjahr, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung berichtet. Gleichzeitig sind gut vier Prozent mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entstanden. Und auch hier zeigen die Zahlen: In Großstädten ist die Veränderung stärker als auf dem Land. Die Richtung beim Wohnungsbau stimmt also. Jetzt fehlt nur noch die Menge.