Wohntrend:Portland statt New York

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Alameda bei San Francisco: Die Mieten in der Metropole sind gestiegen - auf 3500 Dollar für ein Zimmer. (Foto: David Paul Morris/Bloomberg)

Vor allem junge Leute kehren den großen US-Metropolen den Rücken. Viele können sich die Mieten nicht leisten.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen ersten Hinweis darauf geben, dass da womöglich etwas Großes im Gange ist. Einem solch verborgenen Trend will die Immobilienberatungsfirma John Burns auf die Spur gekommen sein, die in den vergangenen Wochen die Mietpreise des US-Lkw-Verleihers U-Haul einmal genauer untersucht hat. Ergebnis: Offenbar kehren immer mehr Menschen den teuren Metropolen des Landes den Rücken und lassen sich stattdessen in Städten nieder, über die man an der Nordost- und der Südwestküste bisher die Nase rümpfte. Die Parole lautet: Portland statt New York, Atlanta statt Los Angeles, Phoenix statt Chicago.

Dass die Bewegung bisher kaum aufgefallen ist, liegt den Angaben zufolge daran, dass in den Metropolen der Wegzug vieler Bürger oft durch den Zuzug von Ausländern kompensiert wird. Zudem stünden offizielle Migrationsdaten stets erst mit großer zeitlicher Verzögerung zur Verfügung. Die U-Haul-Preise sind dagegen ein Spiegelbild der aktuellen Lage, denn wer in den USA auf eigene Faust umzieht, der tut das meist mit einem der rot-weiß-schwarzen Kleintransporter der Firma aus Arizona; "to uhaul" (für um- oder auch zusammenziehen) gehört wie "to hoover" (staubsaugen), bei denen ein Markenname den Aufstieg zum Tätigkeitswort geschafft hat.

Anders als in Deutschland hängen die Lkw-Mietpreise in den USA sehr stark von der Nachfrage für eine bestimmte Strecke ab - ja mehr noch: für eine bestimmte Richtung. So kostet es nach den Recherchen von John Burns im Durchschnitt 2455 Dollar, um mit einem U-Haul-Transporter von einer der 15 untersuchten Städte nach Portland zu fahren. Umgekehrt werden aber nur 952 Euro fällig, um den Kleinlaster wieder aus Oregon fortzubewegen. Der Grund: Weil offenkundig viele Menschen zu-, aber nur wenige wegziehen, gibt es im Nordwesten zu viele Transporter, die wiederum andernorts fehlen. U-Haul verlangt deshalb für eine Fahrt nach Portland einen hohen Aufschlag.

Tatsächlich gehört Portland wie das noch weiter nördlich gelegene Seattle zu den neuen Boom-Regionen der USA: Gerade junge Arbeitnehmer finden hier mit Intel, Nike und Adidas (Portland), Microsoft, Amazon, Starbucks und Boeing (Seattle) attraktive Arbeitgeber, ohne zugleich die teils wahnwitzigen Wohnungsmieten in San Francisco oder New York bezahlen zu müssen. In New York etwa kostet schon ein WG-Zimmer in einem sanierungsbedürftigen Haus oft 1500 bis 2000 Dollar im Monat, eine junge Familie zahlt schnell 3000 bis 4000 Dollar.

Zu den aufstrebenden Städten des Landes gehören der Analyse zufolge auch Austin, Dallas, Denver und Sacramento. Auf dem absteigenden Ast sind dagegen Washington, Philadelphia und Boston.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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