WMD Capital:Exklusiv war gestern

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Reiche sind eine begehrte Zielgruppe für Vermögensverwalter. Sie haben oft bessere Anlagechancen als Menschen mit weniger Geld - zumindest bisher. (Foto: Getty Images)

Zwei Gründer aus München verschaffen Menschen mit kleineren Vermögen einen Zugang zur Anlagewelt der Reichsten - mit einer simplen Online-Plattform.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Geld zu haben, kann ganz schön anstrengend sein, vor allem dann, wenn man nicht zu den Reichsten gehört. Jürgen Gerleit und Andreas Hauenstein haben das selbst erlebt. Aus einer Freundschaftsidee heraus hatten sie 2005 das Start-up Lokalisten.de mitgegründet, das in der Prä-Facebook-Ära zu einem der größten sozialen Netzwerke Deutschlands mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern heranwuchs. Drei Jahre nach der Gründung übernahm der Medienkonzern Pro Sieben Sat.1 die Mehrheit an dem Portal. Dadurch kamen die beiden Internet-Unternehmer an ziemlich viel Geld. Und die Anstrengungen begannen.

"Wir haben alles ausprobiert", sagt Gerleit, 49, "Bankberatung, Vermögensverwaltung, Bankangebote für privilegierte Kunden." Kaum etwas davon machte die beiden zufrieden, außerdem war das meiste ziemlich teuer. Nach einer Weile verwalteten sie ihr Vermögen einfach selbst. Das wurde nach und nach beinahe zu einem Vollzeitjob - neben ihren Tätigkeiten als Ingenieur und Berater. "Am Ende verbrachten wir 30 Stunden pro Woche damit, unsere eigenen Strategien zu entwickeln, umzusetzen und zu kontrollieren", sagt Gerleit.

Aus dreißig Stunden sind jetzt wieder null geworden: Gerleit und Hauenstein waren die ersten Kunden ihrer neuen Firma WMD Capital. Deren Online-Plattform haben sie selbst entwickelt und Anfang des Monats freigeschaltet. Das Portal bietet Privatanlegern und Stiftungskunden Zugang zu 25 Vermögensverwaltern und Privatbanken, ab einer Anlagesumme von 100 000 Euro. Mit dabei sind klassische Fondsgesellschaften wie Allianz Global Investors und Fidelity, das Bankhaus Lampe und Julius Bär sowie freie Vermögensverwalter wie DJE.

Jeder Name repräsentiert genau eine Anlagestrategie pro Anbieter und Risikoklasse, die sogenannte Hausmeinung, die in einem Fonds dargestellt wird. Wer sich anmeldet, bestimmt seinen Risikoappetit und kann dann die Anbieter anhand ihrer Strategien und der vergangenen Wertentwicklung vergleichen. Die Fonds werden bei der deutschen Tochter der Schweizer Großbank UBS verwahrt.

Bis zu einer Anlagesumme von einer Million Euro kostet das Angebot 0,75 Prozent Gebühr pro Jahr, für jeden Euro über einer Million fallen 0,4 Prozent des angelegten Geldes an. "Unser Ziel war es, auch für nicht ganz so reiche Kunden einen Zugang zu den exklusiven Adressen zu schaffen, und das auch noch günstig", sagt Andreas Hauenstein, 42. Denn in den vergangenen Jahren sind die Summen immer höher geworden, ab denen sich für Banken eine individuelle Betreuung ihrer Kunden lohnt. Bei den meisten Privatbanken braucht man es mit weniger als fünf Millionen Euro sowieso gar nicht mehr zu versuchen. Auch bei den großen Geschäftsbanken ist eine Lücke entstanden: Für Kunden mit Vermögen zwischen 100 000 und 1,5 Millionen Euro gibt es kaum noch individuelle Konzepte - weil der Betreuungsaufwand für die Banken zu teuer geworden ist. "Aber in Deutschland gibt es gut eine Million Haushalte mit einem freien Vermögen zwischen 300 000 Euro und einer Million", sagt Hauenstein. Auf die haben sie es abgesehen - mit dem Verkaufsargument, das auch sie überzeugte: weniger Arbeit mit dem eigenen Geld, am liebsten überhaupt keine mehr.

Inzwischen zielen zahlreiche junge Finanzfirmen auf dasselbe Kundensegment. Sogenannte Robo-Advisors - Online-Vermögensverwalter, die das Geld der Kunden je nach Risikoneigung in verschiedene börsengehandelte Fonds und Anlageklassen aufteilen und automatisch verwalten - versprechen Ähnliches: wenig Aufwand, geringe Kosten und eine vernünftige Rendite. Bei den meisten ist die Hürde für den Einstieg sehr gering und liegt bei wenigen Tausend Euro. Gerleit und Hauenstein haben die 100 000-Euro-Grenze ganz bewusst gewählt: Sie wollen nur erfahrene Kunden ansprechen, die ihre Risikoneigung einschätzen können und wissen, wie sie mit ihrem Geld umgehen. Eben Leute wie sie selbst.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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