Wirtschaftsministerium:Der Apparat stöhnt

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Wie Wolfgang Clement seine Behörde umbaut.

Robert Jacobi

(SZ vom 24.07.2003) — Wirtschaftsminister Wolfgang Clement führt eine Behörde, die genau jenem Prinzip nicht entspricht, das er persönlich teilt: Der Staat soll schlanker und Bürokratie abgebaut werden.

Das auf Berlin und Bonn verteilte Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit aber ist mit lange sieben, jetzt noch sechs Staatssekretären, zwölf Abteilungen, 34 Unterabteilungen und 183 Referaten der größte Apparat, den die Regierung zu bieten hat.

Selbst ausgedruckt auf DIN A3 lässt sich das Organigramm nur lesen, wenn es direkt vor den Augen liegt. Eine der umfangreichsten Abteilungen ist die Zentralabteilung, deren Mitarbeiter vor allem das Ministerium selbst verwalten - mit vier Unterabteilungen und 20 Fachreferaten.

Im Vergleich dazu leiten Finanzminister Hans Eichel mit fünf Staatssekretären oder Außenminister Joschka Fischer mit zwei Staatssekretären und zwei Staatsministern schlanke Behörden.

Gewöhnungsbedürftig

Der Unterschied beruht natürlich vor allem darauf, dass unter Clements Führung nach der Bundestagswahl die Ministerien für Arbeit und für Wirtschaft zusammengelegt wurden. Am Sinn dieser Fusion zweifelt zwar niemand mehr, in der Tagesarbeit führt sie aber immer noch zu Problemen.

Statt Abläufe zu straffen und Referate aufzulösen, musste der Minister erst die unterschiedlichen Kulturen zusammen bringen. Und weiterhin verhindert das von Clement ebenfalls längst angegriffene deutsche Beamtenwesen, dass er das Haus schnell umorganisieren kann.

Auch wenn der Minister sich durch sein hohes Arbeitstempo im Ministerium schnell Respekt verschafft hat, bleibt sein Führungsstil für viele Mitarbeiter gewöhnungsbedürftig. Um sich schart er eine kleine Zahl enger Vertrauter, die ihn beraten und mit ihm fast alle wichtigen Entscheidungen treffen.

Dazu zählt neben seiner Büroleiterin und seinem persönlichen Referenten sein Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch, den er aus Düsseldorf mitgebracht hat. Als eine Art Vizeminister soll Adamowitsch den Hausherrn als Wortführer bei den morgendlichen Lagebesprechungen vertreten, wenn dieser auf Dienstreise oder, wie in diesen Tagen, im Urlaub ist.

Auch koordiniert Adamowitsch den Umbau des Ministeriums. Wer wissen will, was der Minister gerade denkt, kann zudem Henry Cordes fragen, den Chef der Leitungs- und Planungsabteilung, die Clement im Herbst selbst eingerichtet hat.

Den riesigen Apparat, über den er selbst manchmal spottet, nutzt der Minister selten. Wenn er ein neues Thema entdeckt, lässt er sich einen knappen Vermerk schreiben, sucht aber kaum den direkten Kontakt zu Referatsleitern. "Man fragt sich, ob die Arbeit nicht einfach ins Leere läuft", sagt einer von ihnen.

Auch überrascht der Minister seine Leute gelegentlich mit öffentlichen Aussagen zu Themen, die nicht auf der Tagesordnung des Hauses stehen oder der bisherigen Linie widersprechen. "Er handelt erratisch und ist oft unberechenbar", sagt ein Mitarbeiter. Clement zählt zu den Menschen, die aus ihrer Sicht meistens recht haben.

Seine Ungeduld, auch beim Umbau des Ministeriums, verstört Mitarbeiter gelegentlich. "Das einzige, was ich nicht kann, ist Bummeln", sagt Clement denn auch über sich selbst, "wenn meine Frau mal vor einem Schaufenster stehen bleibt, bekomme ich Rückenschmerzen".

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