Wirtschaftskrise:Siemens weitet Kurzarbeit drastisch aus

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Die Wirtschaftskrise trifft Siemens stärker als erwartet: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung droht bis zu 10.000 Beschäftigten Kurzarbeit.

M. Balser und T. Fromm

Siemens ist stärker von der Wirtschaftskrise betroffen als bislang geglaubt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung droht in den kommenden Monaten bis zu 10.000 Mitarbeitern Kurzarbeit. Bei der Siemens-Hauptversammlung im Januar hatte Konzernchef Peter Löscher noch versichert, man gehe gestärkt in die Krise.

Die Krise hat Siemens offenbar mit voller Wucht erwischt. (Foto: Foto: ddp)

Siemens gehe "mit Selbstvertrauen, Kraft und Entschlossenheit durch das Jahr 2009", machte sich Löscher noch vor wenigen Wochen Mut. Man sehe "keinen Grund, in den Chor derer einzustimmen, die mit düsteren Äußerungen die Stimmung in den Keller ziehen". Nur drei Wochen später ist alles anders - offenbar hat die Krise Siemens mit voller Wucht erwischt.

Der Konzern, der erst im vergangenen Jahr etwa 16.000 Stellenstreichungen abgearbeitet hatte, weitet sein Sparprogramm nun erneut drastisch aus. Wie es aus Konzernkreisen heißt, habe Siemens lokalen Betriebsräten entsprechende Kurzarbeitspläne vorgestellt. Demnach dürfte sich die Zahl der Kurzarbeiter mehr als verdoppeln. Bislang sind von den Sparmaßnahmen in Deutschland 4600 Mitarbeiter betroffen.

Personalchef Siegfried Russwurm räumte am Donnerstag ein, dass Siemens bis Anfang April weitere 2800 Beschäftigte in Kurzarbeit schicken will. "Wir sind darüber in Gesprächen mit den Betriebsräten an verschiedenen Standorten vornehmlich in Bayern", sagte Russwurm am Donnerstag der SZ. Eine weitere Ausdehnung schloss Russwurm nicht aus. Dies hänge von der Nachfrage nach den Produkten des Konzerns ab.

Und die macht dem Unternehmen offenbar zu schaffen. Nach Angaben aus Arbeitnehmerkreisen sondiert das Management bereits eine weitere Sparmöglichkeit. Arbeitnehmervertreter gehen davon aus, dass die Zahl der Kurzarbeiter in den nächsten Monaten auf mindestens 10.000 Beschäftigte steigt.

Das Unternehmen arbeite an einem Eckpunktepapier, das konzernweit Details für Kurzarbeiter regeln soll. Aus Arbeitnehmerkreisen heißt es: Bevor der Sparplan massiv ausgeweitet werde, müssten zunächst die Rahmenbedingungen geklärt werden. Die Mitarbeiter sollen maximal 20 Prozent weniger arbeiten; beschlossen würden die Pläne für zunächst drei Monate. Gesetzlich ist geregelt, dass das Mittel der Kurzarbeit bis zu 18 Monate eingesetzt werden kann.

"Besser als Stellenabbau"

Besonders betroffen bei Siemens sei das Geschäft mit Produkten der größten Sparte Industrie. Sie hätten oft kurzen Vorlauf wie beispielsweise beim Lichthersteller Osram und dem Geschäft mit der Industrieautomatisierung. Letzteres leidet besonders unter der Krise der Autobauer und ihrer Zulieferer, berichten Mitarbeiter. "Wir arbeiten in kürzeren Zyklen, hier kommt die Wirtschaftskrise schneller an", heißt es. Dagegen gebe es in der Energiesparte und bei der Medizintechnik bislang keine Kurzarbeit. Insbesondere im Energiebereich gehe es um langfristige Aufträge, so Russwurm. In der Zugsparte habe der ICE-Auftrag der Deutschen Bahn geholfen, die Beschäftigung am Standort Krefeld zu sichern.

Betroffen von der Kurzarbeit sind bereits eine ganze Reihe von Standorten. Dazu gehören die Siemens-Werke in Amberg, Bad Neustadt, Regensburg, Berlin, Chemnitz sowie das Gerätewerk in Erlangen. "Das ist erst der Anfang", heißt es unter Mitarbeitern. Dem Betriebsrat liege eine Liste mit einer zweistelligen Zahl von Standorten vor, denen sehr bald Kurzarbeit drohe, heißt es in Konzernkreisen. In den betroffenen Werken ist die Stimmung am Boden. "Die Nachricht von Kurzarbeit ist bei den Betriebsräten erst sehr spät angekommen", beschwert sich eine Arbeitnehmervertreterin. Die Kommunikation des Managements sei "diesmal nicht sehr optimal gelaufen".

Für viele Mitarbeiter käme Kurzarbeit in den kommenden Wochen und Monaten überhaupt nicht in Frage, erklärt dagegen ein Betriebsrat. "Die Arbeitsämter schauen ganz genau auf die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter." So hätten viele Siemensianer in den vergangenen Monaten wegen der guten Auftragslage verstärkt freie Tage angesammelt. "Wer noch Urlaub und viele freie Tage hat, muss die erstmal abbauen."

In der Münchner Zentrale des Konzerns beschwichtigt das Management unterdessen: "Kurzarbeit erhält Arbeitsplätze. Eine hohe Zahl von Kurzarbeitern ist besser als eine hohe Zahl von Stellenkürzungen", sagt Personalvorstand Russwurm.

© SZ vom 13.02.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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