Wirtschaftsdelikte:Kriminalität trifft jede zweite Firma

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Eine Studie listet Wirtschaftskriminalität in Deutschland nach Regionen auf. Der Westen des Landes ist am stärksten betroffen.

Harald Schwarz

Korruption, Geldwäsche, Industriespionage, Produktpiraterie, Bilanzmanipulation und Unterschlagung - Wirtschaftskriminalität ist in deutschen Firmen ein Alltagsphänomen, das in verschiedenen Formen auftritt.

(Foto: N/A)

Fast jedes zweite Unternehmen wird dadurch geschädigt. Regional treten dabei aber bemerkenswerte Unterschiede auf, wie eine Studie der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PWC) zeigt, die 1166 Unternehmen untersucht hat.

Die meisten Opfer und damit auch die meisten Täter gibt es demnach in Hessen. Die höchsten durchschnittlichen Schäden geben die Firmen hingegen in Nordrhein-Westfalen und Bayern an.

Besonders hohe Schäden in Nordrhein-Westfalen

Fast 60 Prozent der hessischen Firmen fühlten sich in den vergangenen beiden Jahren als Opfer von Wirtschaftskriminalität. Die Spitzenposition habe viel mit den Stärken des Bundeslandes zu tun: In der Bankenstadt Frankfurt mit ihren vielen Finanzdienstleistern gebe es eben überdurchschnittlich viele Geldwäschedelikte, sagt der zuständige PWC-Experte Steffen Salvenmoser.

Auf Platz zwei und drei der Kriminalitätserhebung folgen die Länder Bayern und Baden-Württemberg. Jeweils 52 Prozent der Firmen beider Länder gaben an, Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden zu sein. In Nordrhein-Westfalen waren es 47 Prozent, in Mitteldeutschland, das Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst, waren es 35 Prozent.

Bei den Gesamtschäden je Unternehmen sticht vor allem Nordrhein-Westfalen hervor. Mit durchschnittlich 2,43 Millionen Euro je Betrieb und Jahr übertrifft es Bayern mit 1,9 Millionen Euro und Hessen mit 1,29 Millionen Euro bei weitem. PWC-Experte Salvenmoser erklärt die Unterschiede unter anderem damit, dass die Betriebe in Nordrhein-Westfalen gemessen an der Mitarbeiterzahl deutlich größer seien als im Bundesschnitt und so "eine größere Angriffsfläche" böten.

Bei der Kriminalprävention gibt es Salvenmoser zufolge in allen Regionen erhebliche Defizite. Die meisten Straftaten würden durch Hinweise von Mitarbeitern und Geschäftspartnern entdeckt. Die Quote der zufällig aufgespürten Delikte ist in Bayern mit 65 Prozent am niedrigsten und in Hessen mit fast 80 Prozent am höchsten. Beide Länder fallen zudem negativ in der Statistik auf, wenn es darum geht, wie viele Fälle vor Gericht landen - und wie viele nicht.

Nur wenige Antikorruptionsprogramme

Sind es deutschlandweit im Durchschnitt 59 Prozent, bleiben in Hessen und Bayern 47 Prozent und 49 Prozent ungesühnt - nicht einmal jeder zweite Fall kommt vor Gericht. PWC erhebt für sich den Anspruch, seine Studie sei umfassender als die offizielle Kriminalstatistik, da sie alle entdeckten Straftaten berücksichtige und nicht nur jene Delikte, die eine Anzeige zur Folge hatten.

Trotz der Siemens-Affäre, des größten Bestechungsskandals in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, halten lediglich drei bis vier von zehn befragten Firmen die Korruption für ein wesentliches Geschäftsrisiko. Anti-Korruptionsprogramme existieren der Studie zufolge nur bei einer Minderheit der interviewten Unternehmen.

Die Spanne der Firmen, die über solche vorbeugenden Maßnahmen verfügen, reicht von neun Prozent der Betriebe in Mitteldeutschland bis 28 Prozent in Berlin/Brandenburg. In Bayern gaben nur zwölf Prozent der Unternehmen an, dass ein Anti-Korruptionsprogramm vorhanden sei. In Baden-Württemberg waren es 16 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 15 Prozent.

© SZ vom 30.7.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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