Wenn der Fiskus zuschlägt:Fiasko unter Palmen

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Schöne Aussichten in Spanien. Wer seinen Ruhestand im Ausland verbringt, muss einiges beachten. (Foto: imago stock&people)

Immer mehr Ruheständler zieht es ins Ausland. Doch der Lebensabend in Florida, Thailand oder auf Mallorca muss gut geplant sein. Sonst kommen Senioren schnell in die Bredouille.

Von Berrit Gräber, München

Millionen Deutsche träumen vom Rentnerdasein in warmen Gefilden, am besten irgendwo am Meer, wo man sich obendrein noch mehr leisten kann. Fast 226 000 Bundesbürger träumen aber nicht nur vom Weggehen, sie haben es getan - und ließen sich im vergangenen Jahr die Rente ins Ausland überweisen. Das sind nach der Statistik der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gut 34 000 mehr als noch 2008. Im Ruhestand unter der Sonne Spaniens, Floridas oder Thailands überwintern liegt im Trend. Ebenso der Wegzug auf Dauer, vor allem in die Schweiz, nach Österreich, Mallorca oder Polen. Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt Altersbezüge derzeit in rund 150 Länder, wie Stefan Braatz, Sprecher der DRV-Bund berichtet. Unter anderem auch an 1,5 Millionen frühere Gastarbeiter, die nach dem Arbeitsleben wieder in ihre alte Heimat zurückgingen. Doch der Traum vom angenehmen Lebensabend muss gut vorbereitet sein - und der lange Arm des Fiskus reicht bis in viele Ecken der Welt.

Rente abklären

Grundsätzlich bekommt jeder deutsche Ruheständler seine Rente auch ins Ausland gezahlt. Ob das Geld in voller Höhe oder mit Abschlägen fließt, hängt davon ab, ob die Senioren nur vorübergehend oder dauerhaft wegziehen. Und wohin. Außerdem ist entscheidend, welche Zeiten der Rente zugrunde liegen. Überwintern Rentner nur einige Monate lang innerhalb der EU-Grenzen, müssen sie keine Einbußen befürchten. Für Adria-, Bretagne- oder Mallorca-Rentner beispielsweise "läuft alles problemlos", sagt Rentenfachmann Braatz. Gleiches gilt für längere Aufenthalte an vielen beliebten Alterssitz-Zielen wie etwa der USA oder Thailand. Wird der Lebensmittelpunkt auf Dauer außerhalb der EU verlagert, kann das anders aussehen. Abschläge sind möglich, wenn die Rente auch Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) enthält, was oft Vertriebene oder Spätaussiedler aus Osteuropa betrifft. Oder wenn eine Erwerbsminderungsrente nicht nur aus medizinischen Gründen gezahlt wird. Ein rechtzeitiges Beratungsgespräch beim Rententräger kann klären, ob die Auswanderungspläne Auswirkungen auf die Rente haben.

Adresse hinterlassen

Vor dem (Teil-)Umzug sollte der Ruheständler seinen Rentenversicherungsträger informieren und seine neue Adresse angeben. Grundsätzlich besteht die Wahl, sich die Rente auf ein deutsches Konto überweisen zu lassen oder zu einer Bank im Ausland. "Wer sich sein Geld zum Beispiel nach Thailand transferieren lässt, muss Kursschwankungen und Bankgebühren selbst bezahlen", sagt Braatz. Viele Auslandsrentner müssen zudem einmal jährlich eine Lebensbescheinigung einreichen, sonst wird die Rentenzahlung gestoppt. Bei Ländern wie Spanien, mit denen es einen elektronischen Sterbedatenabgleich gibt, wird auf die Meldung verzichtet.

Riester-Rente sichern

Rentner mit Riester-Vertrag müssen die staatliche Förderung nicht zurückzahlen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Az.: C-269/07). Allerdings gilt das nur für die, die sich innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) niederlassen. Dazu gehören neben den EU-Staaten noch Liechtenstein, Island und Norwegen. Von Auswanderern nach Übersee verlangt der Fiskus Zulagen und Steuervorteile zurück. Das summiert sich schnell auf mehrere Tausend Euro. Für Rentner mit privaten Rentenversicherungen gilt hingegen: Die Versicherung zahlt immer, unabhängig vom Wohnsitz.

An den Fiskus denken

Auch die Steuerpflicht drückt. Das gilt nicht nur für wohlhabende Senioren, sondern auch für ehemalige Gastarbeiter, die nach Kroatien oder Italien zurückgehen, wie Markus Deutsch, Vizepräsident des Deutschen Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg, erklärt. Denn: Seit 2005 werden die Renten Schritt um Schritt stärker besteuert. Wer dieses Jahr in Rente geht, muss schon 70 Prozent versteuern - auch im Ausland. Davon betroffen sind Senioren, die in einem Land leben, das Deutschland den steuerlichen Zugriff erlaubt. Dazu zählen etwa Österreich, Belgien, Dänemark, Polen, Kroatien, die Niederlande oder Kanada. Ausnahmen bilden Spanien, die USA und die Schweiz. Mit diesen Ländern bestehen Doppelbesteuerungsabkommen, wonach die deutsche Rente vor Ort steuerpflichtig ist. Will der Fiskus Geld, kann es teuer werden. Betroffene müssen ihre Rente vom ersten Euro an versteuern. Zum Vergleich: 8472 Euro darf ein allein lebender Rentner in Deutschland jährlich steuerfrei einnehmen. Den doppelten Vorteil gibt es ebenfalls nur hierzulande für Verheiratete oder Verpartnerte. Ein Ausweg: Rentner mit Auslandswohnsitz, die mindestens 90 Prozent ihres Einkommens aus Deutschland beziehen, können den Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht stellen. Dann gelten Steuerfreibeträge und Ehegatten-Splitting weiter. Zuständig ist das Finanzamt Neubrandenburg ( www.finanzamt-neubrandenburg.de).

Kranken- und Pflegeschutz

Ziehen Rentner innerhalb Europas um, können sie in ihrer Krankenkasse bleiben. Doch die neue Heimat bestimmt nun über die Versorgung. Und die kann deutlich schlechter sein als in Deutschland. Auf jeden Fall ist sie teurer. So gibt es etwa in Frankreich hohe Selbstbehalte, in Spanien muss Zahnersatz immer privat gezahlt werden. Mit der Schweiz und der Türkei bestehen besondere Abkommen, ebenso mit Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Tunesien. Auch in der Pflegeversicherung werden häufig nur die Grundkosten übernommen. In Ländern wie der Türkei, Kroatien oder Tunesien gibt es gar keine Pflegeleistungen. Außerhalb Europas und der genannten Länder endet die Kassenabsicherung komplett. Auch privat Krankenversicherte sollten nach Einschränkungen fragen. Die deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung-Ausland hat ein kostenloses "Merkblatt für Rentner" erarbeitet, das unter www.dvka.de abrufbar ist. Ruheständler können sich beim katholischen Raphaels-Werk ( www.raphaels-werk.de) oder der Evangelischen Auslandsberatung ( www.ev-auslandsberatung.de) helfen lassen - auch wenn es um eine Rückkehr geht.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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