Weltwirtschaft:Der Druck entlädt sich

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Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnt vor Gefahren für das globale Finanzsystem. Viele große Schwellenländer, aber auch Industriestaaten seien überschuldet. Zugleich seien die Vermögenspreise überhitzt.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor Gefahren für das globale Finanzsystem. In vielen großen Schwellenländern, aber auch in den Industriestaaten zeigten sich "Anzeichen sich aufbauender finanzieller Ungleichgewichte in Form von übermäßigen Kreditbooms und einem starken Anstieg der Vermögenspreise, insbesondere der Immobilienpreise", so die BIZ-Experten in ihrem Quartalsbericht. Den jüngsten Crash an den chinesischen Aktienmärkten bezeichnete die BIZ als breitangelegte Reaktion auf finanzielle Ungleichgewichte. "Wir sehen nicht vereinzelte Beben, sondern das Entladen eines Drucks, der sich über Jahre hinweg stetig aufgebaut hat", sagt BIZ-Chefvolkswirt Claudio Borio. Es sei gefährlich zu glauben, dass Geldpolitik alle Übel der Weltwirtschaft heilen könne.

Die 1930 gegründete BIZ mit Sitz in Basel ist die Zentralbank der Notenbanken in aller Welt. Einer ihrer Ausschüsse spielt auch bei der internationalen Bankenregulierung eine Schlüsselrolle. Die BIZ-Analysen gelten als akkurat. Der frühere Chefvolkswirt der BIZ, William White, hatte die Finanzkrise 2007 schon frühzeitig prognostiziert. Doch seine Warnungen wollte damals kaum jemand hören.

Vor allem in China, Brasilien und der Türkei sei die Situation bedrohlich

Viele Schwellenländer haben sich in den vergangenen Jahren massiv in US-Dollar verschuldet. Der ausstehende Betrag beläuft sich auf rund drei Billionen Dollar. Weil die Währungen in einigen Schwellenländern zuletzt abwerteten, fällt es vielen Schuldnern, vor allem Unternehmen, schwer, ihre Schulden zu bedienen. "Dies wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich der damit verbundenen finanziellen Verwundbarkeit auf, wie auch darüber, ob dies zu sich gegenseitig verstärkenden Bewegungen bei Wechselkursen und Renditenaufschlägen führen kann", so der BIZ-Bericht.

Vor allem in China, Brasilien und der Türkei habe die Kreditvergabe im ersten Quartal ein bedrohliches Verhältnis angenommen. Sorgen bereite auch die Entwicklung in Ländern wie Indonesien, Singapur und Thailand. Eine so starke Kreditvergabe habe " in der Vergangenheit in zwei Dritteln aller Fälle in den nächsten drei Jahren für erheblichen Stress bei Banken gesorgt", so die BIZ.

Die globalen Kapitalströme verändern sich derzeit. Viele Investoren schleusen ihr Geld raus aus den Schwellenländern und rein in die USA. Der Grund: Die US-amerikanische Notenbank Fed wird wohl noch in diesem Jahr die Zinswende einleiten und die Leitzins erstmals seit 2006 wieder leicht erhöhen. Das wiederum verspricht sichere Renditen. Die Anleger verlassen deshalb die Schwellenländer, in denen das Wachstum lahmt und die Schulden sehr hoch sind. Am Donnerstag wird die Fed entscheiden. Die Situation, so die BIZ, könne sich noch einmal verschärfen, wenn die Zinsen ansteigen.

Die BIZ skizziert eine Welt, "in der Schuldenstände zu hoch, das Produktivitätswachstum zu schwach und finanzielle Risiken zu bedrohlich sind". Zudem seien die "Zinssätze seit außerordentlich langer Zeit außerordentlich niedrig", und die Finanzmärkte auf "besorgniserregende Weise abhängig geworden von jedem Wort und jeder Tat der Zentralbanken". Ein Teufelskreis: Die Notenbanken der Industriestaaten haben den Leitzins seit Jahren nahe null Prozent fixiert. Das sorgt an den Börsen für neue Spekulationsblasen, die, so die BIZ, der Produktivität in den Volkswirtschaften schaden könne.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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