Was kommt:Die Woche danach

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Ein Palast in Sintra. (Foto: Rafael Marchante/Reuters)

Europas Notenbanker treffen sich im portugiesischen Sintra. Thema, klar, der Brexit. Tröstlich: Der prachtvolle Tagungsort zeigt, dass Europa schon mehr überstanden hat.

Von Ulrich Schäfer

Was kommt in der Woche nach dem Brexit-Votum? Fangen die Börsen sich wieder? Oder geht der Crash weiter? Schauen wir also auf jene Nachrichten, die die Börsen bewegen könnten.

Der wichtigste Termin findet nicht in Europas Hauptstädten statt, sondern in Sintra, einer Kleinstadt 25 Kilometer westlich von Lissabon, bekannt durch ihre Jahrhunderte alten Paläste, die sich auf vielen Hügeln erheben. An diesem historischen Ort tagen jedes Jahr die Notenbanker der Europäischen Zentralbank, um die fundamentalen Fragen der Geldpolitik zu diskutieren, auch US-Notenbankchefin Janet Yellen wird diesmal mit dabei sein. Von Montag bis Mittwoch dürfte es dort nur ein fundamentales Thema geben: den Brexit. Tröstlich ist, dass sich die Notenbanker an einem Ort treffen, der durch seine prachtvollen, teils aus dem Mittelalter stammenden Bauten eindrucksvoll zeigt, dass Europa schon sehr viel mehr überstanden hat als einen Brexit.

Ein paar kluge Gedanken zu Europa wird man am Montag auch in Franken zu hören bekommen. Dort wird der Fürther Ludwig-Erhard-Preis verliehen - wohlgemerkt, mit ihm werden Spitzenleistungen von Forschern ausgezeichnet; er ist fein zu unterscheiden vom Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizisten. Finanzminister Wolfgang Schäuble wird die Festrede halten (nebst Ausführungen zum Brexit), und vielleicht bedient er sich dazu auch bei Ludwig Erhard, dem überzeugten Europäer. Erhard sagte 1956: "Die Integration Europa ist notwendiger denn je, ja sie ist geradezu überfällig." Und warnte stets davor, nationalen Sonderwünschen - wie sie die Briten in Brüssel durchgesetzt haben - nachzugeben: "Ich will gar nicht leugnen, dass sicherlich jeder Krankheitsherd im nationalen Bereich zugleich auch eine Störung der zwischenstaatlichen Beziehungen bedeutet. Diese Erkenntnis darf aber nicht dahin führen, irgendeinem Land das Recht zu geben, seine Partner im Gemeinsamen Markt aufzufordern oder sogar zu zwingen, in schneller Folge fragwürdige Prinzipien des eigenen Landes zur Anwendung zu bringen." Wohl wahr!

Wichtig für die Finanzmärkte sind eigentlich auch zwei Kennzahlen, die die EU-Statistiker veröffentlichen: am Dienstag das Verbrauchervertrauen und am Mittwoch dann das Wirtschaftsvertrauen. Diese Zahlen, erhoben für den Juni, darf man in der kommenden Woche allerdings getrost vergessen; denn die Folgen des Brexit schlagen sich in der Erhebung noch nicht nieder. Und man ahnt, in welche Richtung man die Daten korrigieren müsste: nach unten.

Was noch? Am Donnerstag jährt sich zum 80. Mal, dass in den USA der Roman "Vom Winde verweht" von Margaret Mitchell erschienen ist - ein Ereignis, das mit dem Brexit erst mal nichts zu tun hat. Oder doch? Die Liebesgeschichte zwischen Scarlett O'Hara und Rhett Butler spielte vor dem Hintergrund des amerikanischen Sezessionskrieges, die Südstaaten spalteten sich von der Konföderation ab. Heute, wo sich die Briten von der EU abspalten, ist die Lage eine andere, und doch zeigt die Geschichte der USA (und die Liebesgeschichte im Roman), wie eine Trennung enden kann: Manchmal kommen jene, die gehen, zurück. Halten wir uns also an Scarlett O'Haras Satz: "Morgen ist auch noch ein Tag."

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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