Warren Buffet:Legende mit lädiertem Ruf

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Dunkle Wolken über dem Woodstock der Kapitalisten: Warren Buffet lädt seine Anleger und Fans nach Omaha, Nebraska. Doch diesmal wird kein Freudenfest erwartet: Die große Buffett-Show wird von einer Affäre überschattet.

Moritz Koch, New York

Der Idealtypus des besonnenen Investors hat eine Vorliebe für billige Anzüge und blutige Steaks. Warren Buffett ist nicht bloß der drittreichste Mann der Welt. Er ist ein genialer Kauz aus der Prärie und gilt als personifiziertes Gegenstück zur Wall Street.

Ein legendärer Investor: Warren Buffett. (Foto: AFP)

Aktionärsversammlungen verwandelt er in ein Spektakel. "Woodstock der Kapitalisten" werden die Treffen genannt, zu denen seine Investmentholding Berkshire Hathaway einmal im Jahr nach Omaha, Nebraska lädt. Doch wenn Kleinanleger, Analysten und sonstige Buffett-Kultisten an diesem Wochenende zum Berkshire-Sitz pilgern, wird kein Freudenfest erwartet. Die große Buffett-Show wird von einer Affäre überschattet.

David Sokol, ein Berkshire-Manager, der als Buffetts Kronprinz galt, hat sich auf anrüchige Weise bereichert. Und Buffett hat ihm zu lange die Treue gehalten. Das lässt Zweifel aufkommen. Zweifel an Buffetts Führungsstil und Urteilsvermögen. Buffett weiß, was auf dem Spiel steht. "Man braucht 20 Jahre, eine Reputation aufzubauen, und fünf Minuten, sie zu ruinieren", sagte er einmal.

Die Affäre begann mit einer verlockenden Investment-Idee. Ende vergangenen Jahres erfuhr Sokol bei einem Treffen an der Wall Street von dem Chemiehersteller Lubrizol und zögerte nicht lange. Zehn Millionen Dollar investierte er in das bis dato unbekannte Unternehmen, und im Januar schlug er seinem Chef vor, Lubrizol zu kaufen. Buffett ließ sich überzeugen. Am 11. März übernahm Berkshire Lubrizol für neun Milliarden Dollar. Sokol verbuchte dadurch einen persönlichen Gewinn von drei Millionen Dollar.

Als das Privatgeschäft bekannt wurde, trat Sokol zurück. Buffett rückte dennoch nicht von seinem Schützling ab. "Weder ich noch David glauben, dass die Lubrizol-Käufe in irgendeiner Weise illegal waren", schriebt er Ende März in einem Brief an seine Aktionäre. Berkshires Kontrollgremium hat inzwischen deutlichere Worte gefunden. Sokol habe mit seinen Aktiengeschäften interne Regeln für ethisches Verhalten verletzt. Buffett aber sprachen die Kontrolleure von jeder Schuld frei. Sokol habe seinem Chef sein Privatinvestment verheimlicht.

Doch damit ist der Fall nicht abgeschlossen. Ein Aktionär hat Klage gegen Buffett und seinen gefallenen Kronprinzen eingereicht. Selbst wenn der Rechtsstreit glimpflich ausgeht, ist Buffetts Ruf als moralische Instanz des Corporate America in Gefahr. Der 80-Jährige achtete stets auf größtmögliche Distanz zur Wall Street. Der Multimilliardär verzichtet auf Fahrer und Bodyguards, stattdessen kurvt er in einem Mittelklassewagen durch Omaha und lebt seit 1958 im selben Haus. Mit solch demonstrativer Bescheidenheit signalisiert er seine Geringschätzung für die großspurige Unternehmenskultur in Manhattan.

Doch in der Akte Sokol finden sich die Spuren der selben Gier, die die Wall Street korrumpiert hat. Auch Buffetts Spitzenmanager scheinen vor den Sünden des modernen Finanzwesens nicht gefeit zu sein. Jedenfalls kommt Sokols Deal dem Tatbestand des Insiderhandels ziemlich nahe. Das ist auch der Börsenaufsicht SEC aufgefallen. Medienberichten zufolge hat sie die Ermittlungen aufgenommen.

© SZ vom 30.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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