VW und Scania:Sehr freundliche Übernahme

Lesezeit: 2 min

Volkswagen gelingt das, was der Lastwagenhersteller MAN stets wollte: Die Wolfsburger bestimmen in Zukunft beim Nutzfahrzeugbauer Scania in Schweden

Volkswagen stellt mit seiner Übernahme der Mehrheit am schwedischen LKW-Hersteller Scania die Weichen zur Neuordnung der Branche in Europa. Und offensichtlich hat VW den Münchner Nutzfahrzeughersteller MAN, an dem die Wolfsburger auch 30 Prozent halten, über diesen Schritt nicht informiert.

VW übernimmt die Mehrheit am Nutzfahrzeughersteller Scania. (Foto: Foto: AP)

Dies ist schon deshalb interessant, weil VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch auch das Kontrollgremium von MAN leitet. Lothar Pohlmann, der stellvertretende Aufsichtsratschef von MAN, sagte an diesem Montag nur: "Wir haben erst heute morgen davon erfahren."

VW hält künftig 68,6 Prozent an Scania

VW gab den Kauf von Scania-Aktien im Wert von etwa 2,9 Milliarden Euro bekannt. Damit erhöhte Volkswagen seinen Anteil an dem schwedischen Unternehmen auf 68,6 Prozent. Und damit ist der Versuch des Münchner MAN-Konzerns vom September 2006, den schwedischen Wettbewerber Scania feindlich zu übernehmen, endgültig fehlgeschlagen.

MAN muss jetzt sogar um die eigene Unabhängigkeit fürchten. Ob das Traditionsunternehmen, das in diesem Jahr sein 250-jähriges Bestehen feiern will, nun auch noch vollständig unter die Regie von Volkswagen gerät, ist offen.

Volkswagen kaufte das Scania-Aktienpaket von Investoren und von Stiftungen, die alle zum Machtbereich der schwedischen Unternehmerfamilie Wallenberg gehören. Auf einer Pressekonferenz in Schweden erklärten VW-Konzernchef Martin Winterkorn, der Scania-Vorstandsvorsitzende Leif Östling sowie Börje Ekholm, der Vertreter des bisherigen schwedischen Großaktionärs Investor, den Ausstieg der schwedischen Industriellen-Familie Wallenberg.

Sie war seit mehr als 90 Jahren an Scania beteiligt. "Das ist die beste Lösung für Scania", sagte Ekholm. Scania bekomme einen "weitsichtigen Eigentümer aus der Industrie". Der Verkauf beende eine lange Phase der Unsicherheit. Strukturelle Veränderungen bei Scania seien in absehbarer Zeit nicht geplant, versprach VW-Chef Winterkorn. Scania solle als eigenständige Marke erhalten bleiben.

VW ist schon Großaktionär bei Scania

Volkswagen zählt bereits seit acht Jahren zu den Großaktionären bei Scania. Der Lastwagenhersteller gilt wegen seines starken Wachstums und hoher Gewinne als "Kronjuwel" der schwedischen Industrie. Der Versuch des deutschen Konkurrenten MAN, Scania feindlich zu übernehmen, hatte vor zwei Jahren starke Emotionen ausgelöst. Einer der Gründe war, dass MAN von dem ehemaligen Scania-Manager Hakan Samuelsson, einem Schweden, geführt wird.

Winterkorn und VW-Finanzvorstand Hans-Dieter Pötsch versuchten in Stockholm Spekulationen um eine Fusion von MAN und Scania zu entkräften. Die Manager aus Wolfsburg sagten lediglich, es seien Synergien bei einer Zusammenarbeit zwischen den beiden Konkurrenten zu erwarten. Es gebe aber keine Pläne für Produktionsverlagerungen, sagte Winterkorn und versicherte weiter: "Firmenzentrale, Kompetenzzentren und Entwicklung bleiben in Schweden."

Scania soll eigen Marke im VW-Konzern bleiben

Pötsch zufolge soll Scania - ähnlich wie Audi - eine eigene Marke innerhalb des Volkswagen-Konzerns und ein eigenständig an der Börse notiertes Unternehmen bleiben. Scania, Volkswagen und MAN erzielen im Nutzfahrzeuggeschäft zusammen einen Umsatz von 28,1 Milliarden Euro.

Scania-Chef Leif Östling, der als Intimfeind des MAN-Vorstandsvorsitzenden Hakan Samuelsson gilt, kritisierte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung den Versuch von MAN, den schwedischen Wettbewerber im Jahr 2006 in einer feindlichen Übernahme zu schlucken.

In der Autoindustrie seien unfreundliche Übernahmen nie erfolgreich gewesen. Das MAN-Angebot sei "unglückselig" gewesen. Auch in Zukunft gebe es aber viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Scania und MAN. "Das funktioniert aber nur in einer freundlichen Umgebung und nur auf bestimmten Gebieten."

© SZ vom 04.03.2008/maru - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: