Vorbild für Welteke?:Trichet saß Affäre erfolgreich aus

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, hat Ausdauer im Aussitzen bewiesen. Anschließend krönte er seine Karriere mit dem Spitzenamt der europäischen Währungspolitik.

In der Affäre um Bundesbankpräsident Ernst Welteke steht dieselbe Grundsatzfrage im Raum, mit der sein französischer Kollege Jean-Claude Trichet über Jahre konfrontiert war.

Trichet entschied sich fürs Aussitzen, erhielt schließlich vor Gericht eine weiße Weste und schaffte im vergangenen November sogar einen Karrieresprung auf seinen Traumposten: Seitdem sitzt der 61-Jährige als oberster Euro-Hüter an der Spitze der Europäischen Zentralbank.

So ist es nur konsequent, wenn die ebenfalls in Frankfurt am Main sitzende EZB am Donnerstag erklärte, sie habe "volles Vertrauen in die Vorgehensweise des Vorstandes der Bundesbank". Auch im "Fall Trichet" hatte die Europäische Zentralbank die Entscheidung der Behörden geduldig abgewartet.

Milliardensummen

Bei Trichet ging es um Milliardensummen, die bei der staatlichen Großbank Crédit Lyonnais falsch in den Bilanzen standen. Seit 2000 ermittelte die Justiz wegen des Verdachts, der gebürtige Lyoner habe als Spitzenbeamter die Tricks bewusst vertuscht.

Drei Jahre lang lebte der damalige Chef der Pariser Notenbank Banque de France mit den Ermittlungen, nie gab Trichet die Hoffnung auf, gemäß einer Absprache der europäischen Staats- und Regierungschefs den ersten EZB-Präsidenten Wim Duisenberg zu beerben.

Obwohl die Pariser Linkskoalition 2002 abgewählt und durch eine rechtsbürgerliche Regierung ersetzt wurde, genoss er stets den vollen Rückhalt der Staatsspitze.

Duisenberg, der seinen Abschied ursprünglich für Juli 2003 angekündigt hatte, blieb sogar etwas länger im Amt, um die Stabübergabe an Trichet abzuwarten.

(sueddeutsche.de/AFP)

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