Volksabstimmung in der Schweiz:Adieu Steuerparadies

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Reiche Ausländer wie Popstar Tina Turner zogen gerne an den schönen Zürichsee - vor allem wegen der dortigen Steuervorteile. Doch die sind bald passé. Der Kanton Zürich schafft das Steuerprivileg für Superreiche ab.

G. Zitzelsberger

Überraschend schafft der Kanton Zürich das Steuerprivileg für superreiche Ausländer ab. Entgegen der Empfehlung von der Regierung und den bürgerlichen Parteien stimmten bei einer Volksabstimmung am Sonntag 52,9 Prozent der Zürcher für die Abschaffung des Privilegs. Die Entscheidung hat Signalwirkung für die gesamte Schweiz und dürfte jetzt eine breite Diskussion auslösen. Zürich ist der erste Kanton, in dem eine Volksabstimmung über das Privileg stattgefunden hat.

Für manchen reichen Ausländer wie die US-amerikanische Sängerin Tina Turner bedeuten die gegenwärtigen Regelungen in Zürich ein Steuergeschenk in jährlich zweistelliger Millionenhöhe. (Foto: Foto: dpa)

Geschenke in zweistelliger Millionenhöhe

Ähnliche Steuerprivilegien gibt es auch in einigen Mitgliedsstaaten der EU, ohne dass bislang Brüssel oder etwa der deutsche Finanzminister daran Anstoß genommen hätten. Gleichzeitig besteht seit Jahren ein Konsens unter den Industrieländern, dass Steuervorteile, die nur für Zuzügler aus dem Ausland gelten, aber nicht für die einheimische Bevölkerung, als unfairer Steuerwettlauf anzusehen seien.

Für manchen reichen Ausländer wie etwa den deutschen Milchbaron Theo Müller, die US-amerikanische Sängerin Tina Turner oder den russischen Oligarchen Viktor Wekselberg bedeuten die gegenwärtigen Regelungen in Zürich ein Steuergeschenk in jährlich zweistelliger Millionenhöhe. Müller hat bereits durchblicken lassen, dass er jetzt über einen Wegzug vom Zürichsee in einen anderen Kanton nachdenke.

In der Schweiz gibt es zwar auch eine bundesweite Einkommensteuer. Bedeutender ist jedoch die Einkommensteuer, die auf Basis der kantonalen Gesetze erhoben wird und die den Kantonen sowie den Gemeinden zufließt. Für Normalbürger reicht in Zürich die Steuerprogression bis zu 40 Prozent. Dazu kommen die Vermögensteuer und vor allem Sozialabgaben, die für Gutverdiener sogar höher ausfallen können als in Deutschland. Der Kanton ist damit für Erwerbtätige alles andere als ein Steuerparadies.

Eine Steueroase aber sind Zürich und all die anderen Kantone der Eidgenossenschaft für Millionäre und Milliardäre aus dem Ausland, die behaupten, in der Schweiz nicht zu arbeiten. Ihre Steuer richtet sich nicht nach dem Einkommen; vielmehr werden sie sowohl nach Bundesrecht als auch nach den kantonalen Regelungen entsprechend dem Aufwand für die Lebenshaltung besteuert.

Völlig transparent sind die Regeln dieser so genannten Pauschalbesteuerung nicht, aber in der Praxis wird statt des Einkommens wohl meist der fünffache Mietwert ihrer Schweizer Villa als Bemessungsgrundlage genommen. Im Schweizer Durchschnitt bezahlen ausländische Millionäre und Milliardäre damit lediglich 70.000 Euro pro Jahr als Einkommensteuer - und damit wesentlich weniger als sie in anderen europäischen Ländern zahlen müssten.

Die Alternative Liste, die die Volksabstimmung initiiert hat, sowie Sozialdemokraten, Grüne und einige Splittergruppen sehen in dem Privileg einen Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit. Zudem untergrabe es die Steuermoral und -ehrlichkeit der Normalbürger. In der Bevölkerung erregt die Sonderregelung auch deshalb Anstoß, weil die privilegierten Ausländer sich damit jedes Grundstück leisten könnten und in bevorzugten Lagen die Immobilien für Schweizer unerschwinglich machten.

Zahl der Privilegierten steigt

Tatsächlich gingen bereits etliche Traditionsrestaurants am Ufer des Zürichsees in den Besitz von mutmaßlich privilegierten Ausländern über. Zürichs Kantonalregierung und die bürgerlich-konservativen Parteien argumentieren demgegenüber, das Steuerprivileg bringe zusätzliches Geld in die Staatskasse, denn die Begünstigten würden sich sonst anderswo niederlassen.

In der Schweiz ist die Zahl der privilegierten Personen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Vor zehn Jahren waren es 3100 Fälle, im Jahr 2006 - neuere Zahlen liegen nicht vor - zählte man bereits 4150 Begünstigte. Auch Schweizer Millionäre, die ein vielfaches an den Fiskus abliefern müssen, äußerten sich deshalb öffentlich ablehnend über das Steuerprivileg.

© SZ vom 09.02.2009/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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