Vermögensreport:Asiaten werden immer reicher

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  • Das weltweite Privatvermögen 2014 ist im Vergleich zum Vorjahr um fast zwölf Prozent auf 164 Billionen Dollar (145 Billionen Euro) gestiegen. Das geht aus dem Global Wealth Report der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) hervor.
  • Mit 46 Billionen Dollar stehen die USA auf Platz eins. Erstmals verdrängt die Region Asien/Pazifik aber Europa von Rang zwei. Schon 2016 werden die Asiaten dem Bericht zufolge an Nordamerika vorbeiziehen.
  • Von den weltweit 17 Millionen Millionären leben sieben Millionen in den USA. Immerhin vier Millionen leben jedoch in China - und der Abstand schrumpft.

Analyse von Claus Hulverscheidt, New York

Als der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Jahr 2003 den Begriff vom "alten Europa" erfand, um die Gegner seiner Irak-Politik in Deutschland und Frankreich als ahnungslose Nostalgiker zu verunglimpfen, ahnte er vermutlich kaum, wie schnell es gehen kann, dass man plötzlich selber zum alten Eisen zählt. Ökonomisch gesehen nämlich sind es gerade die USA, die immer mehr ins Hintertreffen geraten. Den Titel der weltgrößten Volkswirtschaft haben sie bereits an China verloren, nun macht sich der kommunistische Rivale mit seinen asiatischen Nachbarn daran, den Amerikanern auch in den beiden kapitalistischsten aller Kategorien das Wasser abzugraben: beim Privatvermögen und bei der Zahl der Millionäre.

Die Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) spricht in ihrem jährlichen Global Wealth Report, den sie am Montag in New York veröffentlicht hat, von einer "Alte-Welt-gegen-Neue-Welt"-Dynamik - wobei sie die USA ohne Zweifel zur ersten Kategorie zählt. Dem Bericht zufolge ist das weltweite Privatvermögen 2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast zwölf Prozent auf 164 Billionen Dollar (145 Billionen Euro) gestiegen. Mit insgesamt 46 Billionen Dollar stehen die Vereinigten Staaten noch auf Platz eins, während Europa den angestammten zweiten Rang wohl für immer räumen musste: Dort rangiert jetzt die Region Asien/Pazifik (ohne Japan). Schon 2016, so sagen es die BCG-Experten voraus, werden die Asiaten auch an Nordamerika vorbeiziehen, 2019 soll ein Drittel des weltweiten Privatvermögens auf China, Indien, Indonesien und die übrigen Länder des Kontinents entfallen.

Wer es sich in China leisten kann, reist in die Ferne. Auf dem Bild posieren Mädchen in Peking vor einem Plakat mit Schweizer Alpenpanorama. (Foto: Kevin Frayer/Getty Images)

Schon seit Jahren wird die Wirtschaftswelt von gewaltigen Verschiebungen erschüttert. Nach früheren Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) prescht nicht nur China voran, vielmehr hat zugleich Indien Japan als drittgrößte Wirtschaftsmacht abgelöst. Indonesien ist derweil - wenn man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um die unterschiedliche Kaufkraft in den einzelnen Ländern bereinigt - an Großbritannien und wohl auch an Frankreich vorbeigezogen. Brasilien, die Nummer sechs auf der Welt, liegt bereits in Reichweite, nächster Kandidat wäre Deutschland als heutige Nummer fünf.

Beruhigen könnten sich die westlichen Industrieländer mit dem Gedanken, dass ihnen die Asiaten zwar in absoluten Zahlen gerechnet auf den Leib rücken, Amerikaner und Europäer aber beim BIP pro Kopf noch weit in Führung liegen. Anders sieht es bei der Zahl der besonders Wohlhabenden aus, in der sich die neuen weltwirtschaftlichen Kräfteverhältnisse immer deutlicher widerspiegeln: Von den 17 Millionen Millionären auf der Welt leben mittlerweile vier Millionen in China. Auch hier haben die USA die Nase mit sieben Millionen zwar noch vorn, der Abstand zum Dauerrivalen jedoch schrumpft und schrumpft. Die größte Dichte an reichen Menschen weist die Schweiz auf, wo 135 von 1000 Haushalten auf Besitztümer in einem Gesamtwert von einer Million Dollar und mehr kommen. 5201 Amerikaner, 1073 Chinesen und 679 Deutsche nennen sogar mehr als 100 Millionen Dollar ihr Eigen.

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Nimmt man alle Millionäre auf der Welt zusammen, so verfügen sie über 41 Prozent des globalen Privatvermögens. Bis 2019 soll der Anteil weiter auf 46 Prozent steigen. Überschlagsweise gerechnet könnte man sagen: Fast die Hälfte des globalen Reichtums liegt in den Händen von weniger als einem Prozent der Weltbevölkerung.

Als Gründe für den kräftigen Anstieg der Privatvermögen nennt Boston Consulting unter anderem die fortgesetzte wirtschaftliche Erholung in weiten Teilen der Welt, den steigenden Konsum und die lockere Geldpolitik der Notenbanken, die die Aktien- und Anleihekurse in den vergangenen Jahren hat explodieren lassen. Dabei war die Dynamik in den einzelnen Weltregionen jedoch völlig unterschiedlich: Während der Reichtum etwa in Asien um 29 Prozent wuchs und auch in Osteuropa und Lateinamerika mit zweistelligen Raten zulegte, lagen die entsprechenden Werte in Japan, den USA und Westeuropa bei gerade einmal plus zwei beziehungsweise sechs und sieben Prozent.

Das Paradies für Kapitalanleger in aller Welt ist offenbar immer noch die Schweiz, das Land ist laut BCG-Bericht der mit Abstand größte Offshore-Finanzplatz auf dem Globus. Als Offshore-Vermögen gilt nach dieser Definition das gesamte in einem Land angelegt Geld, das nicht der eigenen Bevölkerung gehört. Von den 4,9 Billionen Euro, die auf Bankkonten in Zürich und anderen Städten des Landes liegen, gehören 2,4 Billionen Bürgern, die gar nicht in der Schweiz wohnen. Die Offshore-Quote beträgt entsprechend fast 50 Prozent. In den USA liegt der Anteil bei gerade einmal 1,5, in Großbritannien bei knapp elf Prozent. Die höchsten Offshore-Raten weisen die Regionen Karibik/Panama (92 Prozent), Luxemburg und britische Kanalinseln/Dublin (je 86 Prozent) sowie Singapur (56 Prozent) auf. Der am schnellsten wachsende Offshore-Finanzplatz ist Hongkong.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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