Vermögen bunkern:Die Schatztruhe

Mit dem Interesse an Oldtimern, Kunstwerken und Diamanten steigt auch das Bedürfnis nach Sicherheit. Superreiche aus aller Welt lagern deshalb ihre Preziosen immer häufiger in Megatresoren.

Von Norbert Hofmann

Mit Superlativen wird nicht gespart. Höchste Sicherheit, exklusives Ambiente und Diskretion verspricht das Stabiq Treasure House, das im liechtensteinischen Eschen vom Frühjahr 2016 an die Aufbewahrung luxuriöser Wertgegenstände anbieten wird. Das auf 6000 Quadratmetern entstandene Gebäude ist ein Megatresor, in dem Vermögende nicht nur Gold und Silber, Münzen und Antiquitäten bunkern können. Dank moderner Klimatechnologie sollen auch wertvolle Kunstgegenstände, Classic Cars und edle Weine dort den Lauf der Zeit unbeschädigt überstehen. Norbert Seeger, Advokat und Initiator des Hauses, preist zudem die "flexiblen steuerlichen Möglichkeiten" eines integrierten offenen Zolllagers an. In dessen Inventar haben ausländische Behörden keinen Einblick, es fallen weder Zölle noch Einfuhrsteuern an.

Solche Megatresore finden die Superreichen auch in Luxemburg, der Schweiz und in Singapur. Der vor gut einem Jahr gestartete Freeport Luxembourg etwa präsentiert sich auf 66 000 Quadratmetern als zollfreies Hochsicherheitslager. Er ist bereits zu 60 Prozent ausgelastet, doch es soll noch viel mehr werden. "Wir erwarten eine steile Entwicklung, weil immer mehr Leute viel Geld für Kunst, Edelmetalle oder Oldtimer ausgeben und maßgeschneiderte Lösungen für die Aufbewahrung suchen", sagt Geschäftsführer David Arendt. Die Nachfrage steige auch deshalb, weil entsprechende Lagerangebote etwa in Deutschland nicht mehr ausreichten. Der Freeport lockt mit dem Ambiente eines modernen Museums und viel Service. "Künftig werden wir auch Kunstberatung und Expertengutachten, die Restauration von Werken und eine Kunstversicherung vor Ort anbieten", sagt Arendt.

Official Opening  Of The Geneva Motor Show

Oldtimer wie dieser Jaguar, Diamanten und edle Weine sind bei den Reichen gefragt.

(Foto: Chris Ratcliffe/Bloomberg)

Allerdings hat den Freeport ausgerechnet in der Startphase auch ein Hauch des Anrüchigen umweht. So ist der mittlerweile als Vorsitzender der Gesellschaft zurückgetretene Schweizer Spediteur und Kunstberater Yves Bouvier ins Visier der Justiz geraten, nachdem ihn ein russischer Milliardär des Betrugs beschuldigt hatte. Bouvier war mit viel Kapital in führender Rolle auch an riesigen Zollfreilagern in Genf und an dem 2010 gegründeten Freeport Singapur beteiligt. Dem Image war das nicht eben förderlich. Megatresoren haftet ohnehin oft der Ruf als Umschlagplatz für Geldwäsche und gestohlene Ware an.

Die Schweiz hat deshalb gerade strengere Regeln für die Inventarerfassung in Datenbanken beschlossen. In der Alpenrepublik gibt es schon zehn Freizolllager, die direkt von den inländischen Behörden überprüft werden. Hinzu kommen mehr als 200 offene Zollager, bei denen der Zoll nur sporadisch vorbeischaut. Für beide Varianten gilt: Einfuhrabgaben und Mehrwertsteuer können entfallen, da sie als exterritoriale Gelände gelten.

Auch in Deutschland bieten Kunstspeditionen und Edelmetallhändler solche Zollfreilager an. Das Interesse an kleineren Tresorräumen und großen Supersafes wächst, weil Vermögende immer mehr Geld in Sachwerte investieren. Sie tun es, weil sie sich so gegen Verwerfungen an den Finanzmärkten oder im Bankensystem schützen wollen. Hinzu kommt die Möglichkeit, das Investieren mit Emotionen und Leidenschaft zu verbinden. Nicht minder wichtig: Die erworbenen Werte sind real zu greifen, aber dennoch mobil.

Erzherzog Joseph Diamant wird in Genf versteigert

Reiche sichern sich mit Luxusgütern gegen Krisen ab.

(Foto: dpa)

Auch bei Kunst-Investments gibt es Risiken: Trends, Fälschungen, Beschädigung, Diebstahl

"Kunst ist überaus beweglich und leicht zu handhaben etwa im Vergleich zu einer Immobilie von ähnlich hohem Wert", sagt Carolin Jost, Spezialistin Art Management im Private Banking der Hypo-Vereinsbank. Dabei geht es nicht nur um die Millionensummen bei aufsehenerregenden Auktionen. "Im breiten Markt werden vor allem Werke in der Preiskategorie zwischen 20 000 und 50 000 Euro gehandelt", sagt Jost. Aber auch Investments in Kunst sind mit Risiken behaftet. Die Vorlieben des Marktes zählen dazu ebenso wie Fälschung, Beschädigung und Diebstahl. An professioneller Hilfe führt da kein Weg vorbei. Das Art Management der Hypo-Vereinsbank etwa unterstützt beim Kauf- und Verkauf, vermittelt Experten für die Restauration oder Erfassung der Vermögenswerte und gibt Tipps zur Versicherung. Eine wichtige Rolle spielen aber auch Hinweise zur Verwahrung. "Entscheidende Faktoren sind das Raumklima, die Luftfeuchtigkeit und der Schutz vor UV-Licht", sagt Jost. Speditionen bieten dafür Kunstdepots mit Einstellboxen an. Wer die Kunst lieber um sich haben will, kann im eigenen Haus Lagerräume mit speziellen Schubschränken einrichten, die den Schutzanforderungen gerecht werden.

Eine artgerechte Aufbewahrung suchen auch Oldtimer-Fans, zum Beispiel in speziell klimatisierten Parkgaragen oder in den Megatresoren. Finanziell lohnen kann sich das allemal. Der Luxury Investment Index der Beratungsgesellschaft Knight Frank errechnete für Classic Cars in den vergangenen fünf Jahren mit einem Plus von 161 Prozent sogar einen fast viermal so hohen Wertzuwachs wie für das Kunstsegment (Stand Ende September). Ebenfalls weit vorn liegen mit einer Performance von 43 Prozent farbige Diamanten. Dabei ist da die Rendite für die meisten Investoren gar nicht das oberste Ziel. "Die Anleger sind Vermögende, die grundsätzlich in Richtung Sachwerte umschichten und die sich von Diamanten eine zusätzliche Wertsicherung erhoffen, zu schon vorhandenen Portfolios in Edelmetallen und Immobilien", sagt Ulrich Freiesleben, Geschäftsführer der auf den Verkauf von Anlagediamanten ausgerichteten Online-Plattform Diamondax. Diamanten seien gefragt, weil sie als greifbare Sachwerte Sicherheit bieten und oft auch langfristig auf den generationsübergreifenden Vermögenserhalt ausgerichtet sind.

Vermögen bunkern: Damit die noble Geldanlage den Lauf der Zeit übersteht, braucht es Expertenwissen.

Damit die noble Geldanlage den Lauf der Zeit übersteht, braucht es Expertenwissen.

(Foto: Bloomberg)

Lagern kann man die Brillanten zwar auch in einem der vielen Schließfächer rund um das Börsenviertel am weltgrößten Handelsplatz in Antwerpen oder im Banktresor. Die Superreichen der Welt aber suchen Schutz zunehmend auch in den Sicherheitsfestungen der Freeports von Genf, Luxembourg oder Singapur - und vermutlich bald schon im Megatresor von Liechtenstein.

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