Verkehrswegeplan:Autobahn statt Bahn

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Die Umweltverbände kritisieren scharf, dass die Bundesregierung trotz des hohen Umweltrisikos vor allem Autobahnprojekte plant. Das Ganze sei grundlegend überarbeitungsbedürftig.

Von Markus Balser, Berlin

Fast 700 000 Kilometer Straße und fast 40 000 Kilometer Schienen gibt es in Deutschland. Monatelang buhlten die Bundesländer um die Finanzierung von Aus- und Umbauprojekten. Tausende wurden an den Bund gemeldet. Seit Mitte März ist nun klar, welche Straßen, Schienen und Wasserwege in den kommenden 15 Jahren realisiert werden sollen, was saniert und ausgebaut werden kann.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte dazu seinen Entwurf eines Bundesverkehrswegeplans vorgestellt. Es geht um ein Riesenprojekt mit Langfristwirkung, denn nur alle 15 Jahre wird landesweit so festgelegt, welche Prioritäten die Politik setzt. Der Plan sieht gewaltige Investitionen von mehr als 260 Milliarden Euro und etwa 1000 Projekte vor. Doch für Umweltverbände geht das Vorhaben von Dobrindt in die völlig falsche Richtung. Der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie der Verkehrsclub Deutschland (VCD) erklärten die Pläne am Donnerstag in Berlin für "grundlegend überarbeitungsbedürftig". Sie forderten, das derzeit und noch bis Anfang Mai laufende öffentliche Beteiligungsverfahren für den Entwurf zu stoppen.

"Wir sind maßlos enttäuscht", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Autobahngroßprojekte würden im Plan trotz geringen Bedarfs und hohen Umweltrisikos als vordringlich eingestuft. Das Ministerium habe außerdem umweltverträgliche Alternativen nicht ausreichend geprüft. Von 50 Vorschlägen der Verbände sei letztlich kein einziger berücksichtigt worden. Angesichts der Klimaziele der Bundesregierung sei der Plan eine "Farce", sagte Weiger. DNR-Geschäftsführerin Helga Inden-Heinrich erklärte, Unterlagen zu Schienenprojekten würden fehlen, Umweltziele seien nicht definiert, der Plan sei "schlicht nicht fertig". "Aus Umweltsicht ist der Dobrindt-Plan mit ungenügend zu bewerten", sagte der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak. NABU-Präsident Olaf Tschimpke kritisierte den steigenden Flächenverbrauch in Deutschland, den die Regierung eigentlich reduzieren wollte. Der Plan konzentriere sich vor allem auf den Bau von Straßen, anstatt den Verkehr stärker auf die Schienen zu verlagern. Zudem kritisierten die Verbände, dass eine echte Bürgerbeteiligung in Anbetracht des umfassenden und komplexen Entwurfs innerhalb von sechs Wochen kaum möglich sei.

Die Umweltverbände forderten von Dobrindt neue Strategien, um Verkehr zu vermeiden. "Wir müssen in der Verkehrspolitik endlich ernsthaft umsteuern", fordert NABU-Chef Tschimpke. "Milliarden für Bauprojekte sollen den Verkehr in Richtung Metropolen wieder fließen lassen. Die aber können gar nicht mehr Verkehr verkraften."

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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