Vergleichende Werbung:Von Äpfeln und Birnen

Lesezeit: 2 min

Wenn Werbung den Verbraucher in die Irre führt, greift die Wettbewerbs-Zentrale ein. Manche Spots wurden schon verboten.

Von Felicitas Wilke, München

Obwohl es mittlerweile prinzipiell erlaubt ist, öffentlichkeitswirksam gegen die Konkurrenz zu sticheln, unterliegt vergleichende Werbung bestimmten Bedingungen. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sieht zum Beispiel vor, dass die Werbung nicht irreführend sein darf und andere Anbieter nicht herabgesetzt oder verunglimpft werden dürfen. Außerdem ist es unzulässig, Waren oder Dienstleistungen miteinander zu messen, die nicht den gleichen Bedarf abdecken - sozusagen der Äpfel-mit-Birnen-Vergleich.

Weil das Gesetz, in dem die vergleichende Werbung geregelt ist, zum Zivilrecht gehört, landet ein Fall nur dann vor Gericht, wenn der Wettbewerber dagegen klagt oder befugte Institutionen wie die Wettbewerbszentrale einschreiten. Dieser von rund 2000 Verbänden und Unternehmen finanzierte Verein wird vor allem dann aktiv, wenn durch einen Werbevergleich falsche Vorstellungen geweckt werden.

Wenn Verbraucher durch Werbung irregeführt und getäuscht werden, kann die Wettbewerbszentrale Spots oder Anzeigen beanstanden und gerichtlich verbieten lassen. Das passiert zum Beispiel dann, wenn Unternehmen in der Werbung Teilergebnisse aus Vergleichstests verallgemeinern. Wenn ein Produkt etwa nur in einem bestimmten Kategorie gut abgeschnitten habe und in der Werbung die Gesamtnote verschwiegen werde, würden die Konsumenten in die Irre geführt, erklärt Peter Brammen. Er ist Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. Auch bei Preiskämpfen erlebt Brammen immer wieder kritische Fälle.

In Erinnerung geblieben ist ihm ein Baumarkt. Zur Eröffnung ließ der Marktleiter zwei Schubkarren mit Werkzeugen und den üblichen Heimwerkerutensilien am Eingang aufstellen. Dazu ein Plakat mit Kassenzetteln - die höhere Rechnung zahle man beim Wettbewerber, war die Ansage. "Das ist keine Kunst, den Preis bestimmter Produkte kurzerhand zu senken", sagt Brammen. Sobald auch nur ein Preis der Schubkarren-Produkte nicht mehr stimme, weil der Wettbewerber reagiere, müsse die Werbung verboten werden: weil auch hier der Kunde irregeführt wird.

Bei lustig anmutender Werbung, in der sich Unternehmen eine ironische Spitze gegen Konkurrenten erlauben, hat sich die Rechtsauslegung Brammen zufolge in den vergangenen Jahren verschoben. "Wenn man etwas als Satire erkennen kann, neigen die Richter heute eher dazu, es nicht als Verunglimpfung eines Mitbewerbers zu bewerten", erklärt Brammen. Ein Wendepunkt sei der Prozess um den Werbespot "Gib mal Zeitung" gewesen. Ein korpulenter Mann im Unterhemd und mit Hund an der Leine geht zum Kiosk. Er verlangt nach einer Zeitung. Statt wie üblich die Bild-Zeitung schiebt ihm der Kiosk-Besitzer eine Ausgabe der taz über den Tresen. In der ersten Instanz hatte Bild mit einer Klage gegen die Werbung noch Erfolg, der Bundesgerichtshof entschied aber, dass ein Durchschnittsverbraucher an "pointierte Aussagen in der Werbung" gewohnt sei. "Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber" ist der Ansicht des Gerichts nach erst dann herabsetzend, "wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit" preisgibt.

Die Wettbewerbszentrale zeigt sich bei satirischen Seitenhieben ebenfalls großzügig. "Verboten sind nur ganz schlimme, ernst gemeinte Diskreditierungen", sagt Brammen. "Ganz entspannt" sehe er darum auch aktuelle Werbevergleiche, in denen Konkurrenten gegeneinander sticheln. "Das ist doch eher ein Stück Unterhaltung für das Fernsehpublikum."

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: