US-Süßwarenkonzern Mars:Die Kaiser der Schokolade

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Sie lebten den amerikanischen Traum: Die Familie Mars gehört zu den mächtigsten Dynastien Amerikas, aber fast niemand kennt die neuen Eigentümer der Kaugummimarke Wrigley.

Nikolaus Piper

Viele Familienunternehmer scheuen die Öffentlichkeit, aber gemessen an den Brüdern John und Forrest Mars sind die meisten anderen geradezu vernarrt in Publicity.

Das einzige öffentliche Gesicht der Unternehmerfamilie Mars: Die 68-jährige Jacqueline Mars. (Foto: Foto: oH)

Von den beiden bestimmenden Männern in dem Lebensmittelkonzern, der ihren Namen trägt, gibt es nicht einmal Fotos. Lediglich die Schwester Jacqueline Mars wird gelegentlich auf Wohltätigkeitsveranstaltungen in Washington gesehen und fotografiert. Als der Vater der drei Geschwister, Forrest Mars, 1999 im Alter von 95 Jahren starb, gab es keine offizielle Mitteilung.

Und als Mars sich jetzt entschloss, den Kaugummi-Konzern Wrigley für 23 Milliarden Dollar zu kaufen, gelangte vorher nichts an die Öffentlichkeit. Anders als bei ähnlichen Deals an der Wall Street üblich, bewegte sich der Aktienkurs von Wrigley erst, nachdem die Übernahme am Montag bekanntgegeben wurde.

Man weiß, dass die Familie Mars sehr reich ist. Forrest, 76, Jacqueline, 68, und John, 71, teilen sich mit einem Vermögen von jeweils 14 Milliarden Dollar den 46. Platz auf der Forbes-Liste der reichsten Amerikaner. John und Forrest haben beide schon als Präsidenten das operative Geschäft des Unternehmens geleitet, Jacqueline hatte dagegen nie eine offizielle Funktion.

Der amerikanische Traum

Die Geschwister haben zusammen neun Kinder, von denen einige Management-Positionen bekleiden sollen. Pressekonferenzen mit den Eigentümern oder gar Interviews gibt es nicht. Mars ist nicht an der Börse notiert und daher nicht zu Publizität verpflichtet. Die Familie lebt in der Nähe von McLean im Bundesstaat Virginia, nicht weit von der Hauptstadt Washington entfernt. Im Bundesstaat Wyoming am Rande der Rocky Mountains besitzen die Mars' eine Ranch.

Nur einmal öffnete die Familie die Türen zu ihrem Reich ein klein wenig: In den neunziger Jahren durfte Joel Brenner, eine Reporterin der Washington Post, mit Forrest Mars und anderen reden. Ihr Buch "The Emperors of Chocolate" ("Die Kaiser der Schokolade") ist die wichtigste Quelle für alle, die sich über das Imperium informieren wollen.

Eigentlich ist es erstaunlich, dass die Familie ihre Geschichte nicht der Öffentlichkeit erzählen will, schließlich haben die Mars' einen amerikanischen Traum gelebt. Frank Mars, Nachfahre holländischer Einwanderer und Großvater der heutigen Unternehmer-Generation, gründete 1911 zusammen mit seiner Frau Ethel eine kleine Konditorei in Tacoma im Bundesstaat Washington.

Ein geiziger Förderer

Dort veränderte er 1923 das Rezept für einen Milchshake so, dass das Ergebnis relativ fest war und mit Schokolade überzogen werden konnte. Den Riegel, der dabei herauskam, nannte er "Milky Way" - das erste Produkt des späteren Konzerns.

Franks Sohn Forrest Mars arbeitete früh in der Firma mit, überwarf sich aber mit dem Vater und ging nach England, um dort Milky Way zu vermarkten. Dort hatte er seine eigene Produktidee: Schoko-Pillen, die mit buntem Zuckerguss überzogen waren. Er nannte sie "M & Ms". Die Idee soll ihm im spanischen Bürgerkrieg gekommen sein, als er Soldaten "Smarties" lutschen sah, ein englisches Produkt, das heute von Nestlé vermarktet wird.

Forrest Mars wurde der eigentliche Gründer des Konzerns. Joel Brenner beschreibt ihn als exzentrisch und fanatisch. Es sei vorgekommen, dass er mitten in der Nacht einen Vertriebsmanager am Telefon zusammenbrüllte, weil er eine Packung "M & Ms" entdeckte, auf der das "m" nicht richtig aufgedruckt war. Er war extrem geizig, förderte aber auch Manager großzügig, wenn sie ihn überzeugten.

Und er hatte ein Gefühl für Produkte: Unter Namen wie Chappie und Kittekat machte er Tierfutter zu einem gebräuchlichen Markenartikel, später erwarb er die Reismarke "Uncle Ben's". Seine Söhne haben das Mars-Reich nun auf Kaugummi ausgeweitet, womit die Familie zur mit Abstand einflussreichsten der Branche aufsteigt.

© SZ vom 30.04.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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