Urteil:Schlemmen in Grenzen

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Der Schweinebraten gehört zu Bayern. (Foto: Victoria Bonn-Meuser/dpa)

Schlappe vor dem BGH: Ein Gutscheinheft darf den teilnehmenden Gaststätten nicht mit überzogenen Vertragsstrafen drohen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Eigentlich sei der "Schlemmerblock" ja eine prima Idee, fand der BGH-Senatsvorsitzende Wolfgang Eick, denn dabei könnten gleich drei Seiten gewinnen: Restaurants locken mit dem Gutscheinheft Kunden an, diese wiederum können kostengünstig Lokale ausprobieren. Und der Herausgeber der 34,90 Euro teuren Heftchen verdiene an deren Verkauf. Eine Win-win-win-Situation, wenn man so will - aber eben nur, solange alle Beteiligten mitspielen. Die Firma VMG, Herausgeberin des Schlemmerblocks, hat nun trotzdem vor dem Bundesgerichtshof eine Niederlage erlitten, und zwar deshalb, weil sie die an das Gutscheinsystem angeschlossenen Lokale mit teilweise überzogenen Vertragsstrafen zur Beachtung ihrer Regeln zwingen will.

Das System, das VMG vor anderthalb Jahrzehnten nach dem Fall des Rabattgesetzes auf den Weg gebracht hatte, funktioniert nach dem Zwei-zu-Eins-Prinzip: Wer zwei Hauptgerichte bestellt, bekommt gegen Vorlage des Gutscheins das günstigere gratis. Weil die Wirte zwar den Werbe-Effekt des Gutscheinheftchens gern mitnehmen, aber manch einer nicht gern kostenlos Essen serviert, kann es zu Konflikten kommen. Im konkreten Fall hatte ein Gastwirt aus der Nähe von Heidelberg kurzerhand behauptet, das bestellte Rumpsteak sei gar kein Hauptgericht, deshalb könne auch kein Gutschein eingelöst werden. "Ich esse das auch immer zur Vorspeise", witzelte BGH-Richter Eick. Für das Geschäftsmodell der VMG ist es indes entscheidend, dass Gutscheine zuverlässig eingelöst werden. Die Firma hat sich daher zur Aufrechterhaltung ihres Systems eine Vertragsstrafe ausbedungen: 2500 Euro für jeden Verstoß, maximal 15 000 Euro. "Ein so fragiles System duldet keinen Verstoß", argumentierte VMG-Anwalt Matthias Siegmann.

Der BGH hat die Klausel zwar nun gekippt, aber nur deshalb, weil die 2500-Euro-Strafe ohne Unterschied auch für kleine Regelverletzungen fällig werden soll. Etwa wegen unfreundlicher Bedienung, oder dann, wenn weniger Hauptgerichte als vereinbart auf der Speisekarte stehen. In der Verhandlung wurde jedoch deutlich, dass der BGH grundsätzlich nichts gegen Vertragsstrafen einzuwenden hat. "Dieses Modell kann nur funktionieren, wenn alle sich an den Vertrag halten", sagte Eick. Daher sei es gerechtfertigt, über die Vereinbarung einer Vertragsstrafe einen gewissen Druck auf die Lokale auszuüben, die sich dem Schlemmerblock anschließen. Das bedeutet: Solche Vertragsstrafen müssen künftig nach der Schwere des Verstoßes abgestuft werden. Das war dann doch etwas Positives für den Schlemmerblock.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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